Der nächste wesentliche Durchbruch bei der Entstehung der heutigen kosmologischen Ideen war die Verfügbarkeit von Hochleistungscomputern in den 1980er Jahren. Mit numerischen Verfahren ist es seither möglich, die Entwicklung des Kosmos mit dem Rechner zu simulieren. Dazu wird die Entwicklung eines kosmischen Volumenelements über das Entwicklungsalter des Universums verfolgt, um aus den Anfangsbedingungen – jetzt festgelegt durch den Zustand zum Zeitpunkt der Rekombination – schließlich ein Modell des heute beobachtbaren Weltalls zu erhalten.
Aus solchen Simulationen wurde schnell klar, dass die Gravitationswirkung aller in einem typischen Raumvolumen erfassten Objekte nicht ausreichen kann, um die heutige Materieverteilung in Galaxien, in Galaxienhaufen und in den Filamenten (Verästelungen) von Galaxienhaufen zu erklären.
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Unsichtbare Materie
Zur gleichen Zeit wurden bei Messungen der Bewegungsverhältnisse von Gas und Sternen in Galaxien unerwartet hohe Geschwindigkeiten gefunden. Als Beispiel kann die Rotation von Scheibengalaxien wie unserer Milchstraße dienen. Die daraus resultierende Fliehkraft balanciert die anziehende Wirkung der konzentrierten Masse, so dass unsere Milchstraße nicht weiter kollabiert. Da mehr Masse eine stärkere Gravitation bedeutet und je stärker die Gravitation desto schneller die Bewegung ist, führte die Beobachtung sehr hoher Rotationsgeschwindigkeiten zu dem Schluss, dass sehr große Massen wirken müssen – mehr als man beobachten kann.
Um eine Galaxie wie unsere eigene gravitativ zu stabilisieren, wird eine etwa zehnmal größere Masse benötigt, als man an Sternen und interstellarem Gas beobachten kann. Die Existenz von Galaxien lässt sich also nur durch die Annahme eines sehr großen Anteils nicht sichtbarer, aber gravitativ wirkender Materie erklären.
Klumpung in der „Ur-Materie“
Als auch die Untersuchung von Galaxienhaufen durch unterschiedliche Methoden zu dem Ergebnis kamen, dass man wohl einen hohen Anteil der gravitativ wirkenden Materie nicht direkt beobachten kann, wurde die Hypothese der Existenz einer „dunklen Materie“ als wesentlicher Bestandteil des Universums auf allen Längenskalen unausweichlich. Ungeklärt bleibt dabei bis heute die Natur dieser „dunklen Materie“, eines der größten Rätsel der heutigen Physik.
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Die Einbeziehung dieser dunklen Materie erlaubt der theoretischen Astrophysik deutlich verbesserte Modelle für die Entwicklung der Strukturen im Universum. So wurde vorhergesagt, dass die durch die gravitative Wirkung der dunklen Materie hervorgerufene Klumpung in der „Ur-Materie“ schon in der Mikrowellenhintergrundstrahlung sichtbar sein sollte. Der COBE (COsmic Background Explorer)-Satellit der NASA konnte diese Klumpung als Temperaturfluktuationen dann tatsächlich 1992 beobachten – auch diese Messung wurde 2006 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.
Stand: 16.10.2008