Klima

Rätselhafte Wolken

Fliegende Nebel mit Doppelrolle für das Klima der Erde

Wolkeninferno am Himmel © Fotinakis / GFDL

Für René Descartes bildeten sie den Thron Gottes: die Wolken. Der französische Philosoph sah in den fließenden und launenhaften Formen der wattigen Wetterphänomene darüber hinaus den Lackmustest für die menschliche Erkenntnisfähigkeit schlechthin. Wer die Wolken verstehe, schrieb der Begründer des rationalistischen Denkens im 17. Jahrhundert, der könne alles Wundervolle auf der Erde erklären.

Komplexe Wasserreservoirs

Descartes hat die Komplexität der schwebenden Wasserreservoirs nicht überschätzt. Noch heute zerbrechen sich Wissenschaftler ihre Köpfe über eine Unzahl physikalischer Prozesse, die das Werden und Vergehen von Wolken sowie die Bildung von Regen, Schnee, Hagel oder Graupel in ihrem Inneren bestimmen − ihr Wissen darüber weist bislang noch sehr große Lücken auf.

Damit bleibt Descartes’ Satz über die Bedeutung, die das Verständnis der Wolken hat, zumindest für die Klimaforschung aktuell. Für die Wissenschaft von der Erdatmosphäre gerät es tatsächlich zum Lackmustest. Die fliegenden Nebel spielen eine Doppelrolle für das Klima der Erde. Sie kühlen es, indem sie Sonnenlicht ins All reflektieren. Gleichzeitig erwärmen sie es, indem sie infrarote Wärmestrahlung daran hindern, von der Erdoberfläche in den Weltraum zu entweichen.

Wolken über dem Radolne See in Polen © Brosen / GFDL

Janusköpfigkeit erschwert Vorhersagen

Diese Janusköpfigkeit erschwert Vorhersagen, ob klimabedingte Änderungen der Wolkenbedeckung die Erderwärmung bremsen, beschleunigen oder keines von beiden. Klar ist bislang nur, dass schon eine kleine Änderung der Bewölkung die Prognosen der Klimamodelle zur Makulatur machen kann.

„Wenn sich die Wolkenbedeckung durch den Klimawandel nur um rund fünf Prozent verändern würde, könnte das den Effekt einer Verdopplung des Treibhausgases Kohlendioxid ausgleichen oder verdoppeln“, sagt Bjorn Stevens, Direktor am Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie. Damit veranschaulicht er die Rolle, die Wolken im Klimageschehen spielen.

Cumulonimbus © Simon Eugster / GFDL

Unsicherheitsfaktor in den Klimamodellen

Ein kaum merkliches Mehr oder Weniger an Wolken beeinflusst das Klima also möglicherweise mindestens ebenso stark wie eine nochmalige Verdopplung des Kohlendioxidgehalts in der Atmosphäre. Die Wolken stellen daher den größten Unsicherheitsfaktor in den Modellen der Klimaforscher dar.

Stevens will die Unsicherheiten beseitigen. Er gehört zu den Forschern, die Descartes’ Traum, die Wolken zu verstehen, wahr werden lassen möchten. Doch wie wollen die Forscher etwas erfassen, was sich so vielgestaltig zeigt und sich scheinbar so regellos wandelt wie die Wolken?

  1. zurück
  2. 1
  3. |
  4. 2
  5. |
  6. 3
  7. |
  8. 4
  9. |
  10. 5
  11. |
  12. 6
  13. |
  14. 7
  15. |
  16. 8
  17. |
  18. 9
  19. |
  20. weiter

Christian Meier / MaxPlanckForschung
Stand: 20.08.2010

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Wasser mit nebulöser Wirkung
Neues aus der Wolkenforschung

Rätselhafte Wolken
Fliegende Nebel mit Doppelrolle für das Klima der Erde

Cirrus, Cumulus und Stratus
Wolken und ihr Klimaeffekt

Werden und Vergehen am Himmel
Wolken verändern sich lokal und wirken global

Mit Militärflugzeugen auf Wolkenjagd
Cumuli bedecken weite Teile der Meere

Tiefe Wolken regnen leichter
Regen kehrt Auf- und Abwärtsströmungen um

Turbulente Regenbildung
Den Geheimnissen der Schönwetterwolken auf der Spur

Keine universale Wolkenformel
Wolkenforschung als Puzzlespiel

Von flachen Cumuli bis zu El Niño
Ein kurzes Glossar

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

keine News verknüpft

Dossiers zum Thema

Aerosole - Würzstoffe in der Klimaküche

Regen - Wolken, Wetter, Wassertropfen

Klimawandel - Bringt der Mensch das irdische Klima aus dem Gleichgewicht?