Gemeinschaftlich und flexibel genutzte Quadratmeter bieten interessante Perspektiven für das Wohnen der Zukunft – und ermöglichen Einsparungen von Geld und Energie.
Eine Möglichkeit wäre eine Raumgestaltung, die sich an die jeweiligen Lebensphasen einer Familie anpasst. Dies ließe sich mit verstellbaren Wänden ermöglichen. Dazu wurden von Michael Flach und seinem Forschungsteam Systemverbinder entwickelt, die ein rasches Versetzen einer Wohnungstrennwand möglich machen. So könnte beispielsweise ein Raum an die Nachbarfamilie abgegeben werden, wenn die eigenen Kinder ausziehen. Voraussetzung dafür ist selbstverständlich ein gutes Nachbarschaftsverhältnis.
Partizipatives Wohnen
Soziale Strukturen in Wohnhäusern können laut Flach auch durch die gemeinsame Nutzung von Wohnraum geschaffen werden. Auch in Mehrgenerationenhäusern, wie er es selbst bei der Sanierung eines alten Bauernhofs und beim Ausbau einer Scheune mit seinen Kindern betreibt, sieht er Potenzial für leistbares und gemeinschaftliches Wohnen: „Wie es aussieht könnten Wohnraumnot, wuchernde Wohnungspreise und die Notwendigkeit einer nachhaltigen Raum- und Stadtentwicklung unsere Wohnkultur sogar positiv verändern.“
Die Impulse für das Wohnen von morgen kommen meist von den Bewohnerinnen und Bewohnern selbst. Nicht selten schließen sich junge Familien und alleinstehende Pensionierte auf der vergeblichen Suche nach leistbarem Baugrund oder bezahlbaren Wohnungen zu sogenannten Baugruppen zusammen, um ein Gemeinschaftsprojekt selbst in die Hand zu nehmen.
Wohnbaukonzepte der Zukunft
In Ländern wie Kanada und den USA hat dieses Konzept unter den Begriffen Cohabitat und Cohousing schon eine lange Tradition. In Frankreich bieten immer häufiger Städte und Gemeinden ihren Baugrund Gruppen an, die sich für partizipatives Wohnen entscheiden. Oft handelt es sich dabei um Projekte mit hohen ökologischen Anforderungen, so dass der Holz-, Holzstroh- und Holzlehmbau einen guten Nährboden findet. Durch die damit verbundene Umstellung auf integrierte Fertigung mit hohem Vorfertigungsgrad entwickelte sich in wenigen Jahren eine neue Baukultur.
Ein besonders vorbildhaftes Beispiel stellt das Züricher Modell der 2000 Watt Gesellschaft dar. Dabei handelt es sich um ein energiepolitisches Modell, entwickelt von der ETH Zürich, das als Antwort auf den zunehmenden Energieverbrauch und die Anzeichen des Klimawandels gilt. 2008 wurde es bei einem Volksentscheid aufgegriffen, bei dem sich 75 Prozent der Befragten für eine nachhaltige Stadtentwicklung ausgesprochen haben. Gemeinnützige Baugenossenschaften wurden gegründet und immer häufiger ist der Einzug in genossenschaftliche Wohnungen mit der Bereitschaft verbunden, auf ein persönliches Auto zu verzichten.
Denken in Kubikmetern statt Quadratmetern
Auch die Architektin Verena Rauch und der Architekt Walter Prenner vom ./studio3 am Institut für experimentelle Architektur der Uni Innsbruck beschäftigen sich mit neuen, alternativen Wohnformen. Bei ihren Überlegungen stehen Nachhaltigkeit, Minimalismus und auch die soziale Komponente im Mittelpunkt. „Neue Wohnsiedlungen sollen tagsüber nicht wie ausgestorben sein. Eine Art Grätzlkultur mit vielen Gemeinschaftsräumen, in der sich die Nachbarschaft als eine Art kulturelle Gemeinschaft sieht, wäre wünschenswert“, so Prenner.
Die beiden Mitglieder von columbosnext – einer Plattform für Architektur, Gesellschaft sowie der Initialisierung und Inszenierung kultureller, sozialer und urbaner Aktivitäten – planen Gebäude nach dem Motto „Weniger ist mehr“, ohne dabei Abstriche bei der architektonischen Qualität zu machen. Die beiden Prototypen, der Gartenzwerg und die SpielRäume, die sie gemeinsam mit Studierenden der Uni Innsbruck entworfen und umgesetzt haben, zeigen eindrucksvoll, dass ihre Visionen realisierbar sind.
Universität Innsbruck
Stand: 20.04.2018