Aquarius ist eine typische Raumstation: Luftschleusen und dicke Bullaugen schirmen ihr Inneres vor der Außenwelt ab. Zu erreichen ist die Station nur mit spezieller Schutzausrüstung. Wer sich ohne Luftvorrat und Atemmaske nach draußen wagt, erstickt und stirbt. Wie auf der ISS sind die Wohn- und Arbeitsbedingungen eher spartanisch: Im Labortrakt ist jeder Zentimeter mit Instrumenten vollgestopft, der Schlaf- und Wohnbereich für die sechs Besatzungsmitglieder ist kaum größer als eine Einzimmerwohnung.
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20 Meter unter dem Meer
Doch Aquarius fliegt nicht im Erdorbit oder umkreist einen fremden Planeten. Sie steht auf dem Meeresgrund. Denn die Station ist das einzige permanent besetzte Untersee-Habitat der Erde – und der Ort, an dem seit 2001 regelmäßig die NASA-Analog-Mission NEEMO stattfindet. Das Unterwasserlabor liegt gut fünf Kilometer vor der Küste von Key Largo in Florida und knapp 20 Meter unter der Wasseroberfläche – umgeben von einem Korallenriff.
„Wir hören seltsame Geräusche, fühlen, wie es sich leicht mit der Strömung bewegt und spüren in unseren Ohren die leichten Schwankungen des Drucks“, beschreibt Aquanaut Herve Stevenin seine Erfahrungen während einer NEEMO- Mission. „Draußen beobachten wir eine fremde Welt. Wir sind hier die Aliens, die diese Welt besuchen. Die Aquarius ist unser Raumschiff.“
Aquanauten im Einsatz
Wie im All gilt unter Wasser: Wer Fehler macht, kann sein Leben in Gefahr bringen – und das gesamte Habitat gleich mit. Jeder Außeneinsatz, ob zu Fuß oder mit einem der getesteten Roboterfahrzeuge, erfordert penible Vorbereitung und strikte Planung. Die Aquanauten müssen jedes Mal klobige Anzüge anlegen, Schleusen passieren und ihren begrenzten Luftvorrat mit einkalkulieren. „NEEMO ist eine Mission, keine Simulation“, erklärt die NASA.
Seit 18. Juni 2017 leben vier neue Aquanauten an Bord der Aquarius. Kommandant der NEEMO-22-Mission ist der NASA-Astronaut Kjell Lindgren, der schon mehrere Aufenthalte auf der Raumstation ISS hinter sich hat. Den Rest der Mannschaft bilden der ESA-Astronaut Pedro Duque, der NASA-Planetenforscher und Geologe Trevor Graff und der Physiologe und Biomediziner Dominic D’Agostino von der University of Florida. Zwei Tauchtechniker begleiten sie und sorgen dafür, dass die Ausrüstung für die Außeneinsätze einwandfrei funktioniert.
Nadja Podbregar
Stand: 30.06.2017