Niemand lädt gerne einen Parasiten in seinen Körper ein. Zahlreiche Abwehrmaßnahmen bestehen daher gegen die ungewollten Eindringlinge. Dennoch haben diese ebenso zahlreiche Strategien entwickelt, um die Abwehr des Wirtskörpers zu umgehen oder unschädlich zu machen.
Die meisten Endoparasiten vermehren sich sehr häufig oder sie produzieren sehr viele Nachkommen auf einen Schlag, viele Arten tun gleich beides. Auf diese Weise folgt sehr schnell eine Generation auf die nächste. Große Zahlen garantieren, dass wenigstens ein paar Sprösslinge lange genug überleben, bis sie einen neuen Wirt finden.
Die geschlechtliche Fortpflanzung im Entwicklungszyklus ermöglicht eine Neukombination genetischer Eigenschaften. Bei einer großen Zahl von Nachkommen besteht auch eine größere Wahrscheinlichkeit von vorteilhaften Kombinationen oder Mutationen. Durch natürliche Auswahl werden diese im Lauf der Evolution bevorzugt und können ihre Stellung beibehalten oder sogar neue Lebensräume erschließen. So passen sich die Parasiten schnell und erfolgreich an geänderte oder ganz neue Bedingungen an.
Anlass für Anpassung und Weiterentwicklung
Für den Wirt bedeutet das einen gewissen Druck: Um nicht völlig von Parasiten ausgebeutet zu werden, muss auch er neue Ideen entwickeln. Wirt und Parasit stehen sich so in einem direkten Wettbewerb gegenüber, der manchmal auch als „evolutionäres Wettrüsten“ bezeichnet wird. Manche Wissenschaftler sehen in dieser Konkurrenz einen Anlass, der ständige Anpassung und damit Weiterentwicklung erst nötig und möglich macht.
Die erste Schwierigkeit für einen Endoparasiten ist, überhaupt in den Wirtskörper hinein zu gelangen. Bereits die Haut stellt für die meisten potenziellen Eindringlinge ein undurchdringliches Bollwerk dar. Manche Parasiten, wie die Larven des Pärchenegels, haben dennoch gelernt, sich durch die Haut zu bohren. Andere lassen sich diese Arbeit abnehmen: Die Einzeller Plasmodium und Trypanosoma haben verschiedene Mückenarten als Zwischenwirt, und werden durch Mückenstiche übertragen. Plasmodium-Arten sind Erreger der Malaria, Trypanosoma verursacht die nicht weniger gefährliche Schlafkrankheit. Beide sind in tropischen Ländern verbreitet und gehören zu den bekanntesten Endoparasiten des Menschen.
Kampf gegen immunologische Aufräumkommandos
Als weitere Einfallspforten bieten sich die Körperöffnungen des Wirtes an. Hier schützt zwar nicht die Haut, aber ein Parasit muss auf dem Weg nach innen die Schleimhäute überwinden. Gerade diese Art von Gewebe ist aber darauf ausgelegt, Eindringlinge wieder loszuwerden oder abzutöten. Schleimhäute stellen auch die vorderste Front des Immunsystems dar. In den Sekreten der Mund- und Nasenschleimhaut finden sich Antikörper, die körperfremde Partikel markieren und damit für Fresszellen sichtbar machen. Diese immunologischen Aufräumkommandos umschlingen die Eindringlinge und verdauen sie in ihrem Inneren.
Blinde Passagiere im Sauerstoffcontainer
Auch im Inneren des Körpers setzt das Immunsystem seine Arbeit natürlich fort, um zum Beispiel solchen Parasiten zu begegnen, die sich bis in die Blutbahn vorgearbeitet haben. Die bereits erwähnten Plasmodien sind in der Lage, rote Blutkörperchen zu erkennen und zu infiltrieren. Diese Blutzellen haben nur einen eingeschränkten Stoffwechsel, da sie lediglich für den Sauerstofftransport zuständig sind. In ihrem Inneren können sich die Parasiten, vom Immunsystem unbelästigt, teilen und vermehren. Wenn die roten Blutkörperchen schließlich platzen und die Plasmodien freisetzen, kommt es zu den gefürchteten Fieberschüben der Malaria. Der plötzliche Massenansturm von Parasiten im Blut überfordert das Immunsystem: Es ist unmöglich alle zu erlegen, bevor sie wieder in neue Zellen eingedrungen sind. Bei einem erneuten Mückenstich gelangen die Einzeller auch wieder in ihren Endwirt, die Anopheles-Mücke.
Ansgar Kretschmer