Was wäre wenn der Vogelgrippevirus tatsächlich nach Deutschland gelangt? Müssten die Menschen hierzulande sich dann große Sorgen um ihre Gesundheit machen? Sind die teilweise schon jetzt herrschende Panik und Hysterie notwendig? Wissenschaftler des Robert Koch Instituts (RKI) in Berlin meinen „nein“ und geben bisher deutlich Entwarnung. Ein in heimische Gefilde eingeschlepptes gefährliches H5N1, so die Forscher, wäre erst einmal ausschließlich für Geflügel wie Hühner, Puten oder Gänse gefährlich. Eine direkte Übertragung von Wildvögeln auf den Menschen hat es bisher vermutlich noch nicht gegeben.
„Die Tierseuche Vogelgrippe steht vor den Toren der EU, nicht die für den Menschen gefährliche Pandemie“, sagte auch Professor Dr. Thomas C. Mettenleiter, Präsident des Friedrich-Löffler-Instituts am 15. Oktober 2005.
Auch wenn tatsächlich irgendwann einmal eine Geflügelpest in Deutschland auftreten sollte, bleibt die Bedrohung für „Otto Normalverbraucher“ gering. Züchter oder Tierärzte mit engem Kontakt zu kranken Tieren müssten jedoch geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen, wie das RKI im Oktober 2005 mitteilte. Entgegen anderslautenden Meldungen in den Medien sei für die allgemeine Bevölkerung in Deutschland kein Risiko erkennbar.
Neue Impfstoffe für besseren Schutz
Wie aber kann man eine Ansteckung von heimischem Geflügel verhindern, wenn der Virus H5N1 tatsächlich eingeschleppt wird? Die bisher auf dem Markt befindlichen Impfstoffe verhindern nach Angaben von Forschern des Friedrich-Löffler-Instituts zwar eine Erkrankung des Geflügels, aber nicht die Infektion und die Ausscheidung des Virus beispielsweise über den Kot. So kann das Virus auch aus geimpften Beständen noch in andere Bestände überspringen. Die konventionellen Vakzine sorgen zudem im geimpften Huhn für eine ähnliche Immunreaktion wie der Virus selbst. Es ist deshalb nur mit großem Aufwand möglich, zwischen geimpften und infizierten Tieren zu unterscheiden.
Wissenschaftler des FLI arbeiten deshalb bereits seit einiger Zeit emsig an einem Impfstoff, der Hühner auch gegen die Infektion durch gefährliche Viren wie H5N1 schützt. Die Forscher um Professor Thomas C. Mettenleiter und Walter Fuchs haben im Rahmen ihres Projektes zunächst einen Geflügel-Herpesvirus so modifiziert, dass er Hühner nicht mehr krankmacht, das geimpfte Tier aber trotzdem immun wird.
In das veränderte Virus fügten sie anschließend die Erbinformation für das so genannte Hämagglutinin-Protein des Geflügelpestvirus ein. Wie die Wissenschaftler betonen, führt eine Impfung deshalb nicht nur zu einer Immunantwort gegen das Geflügel-Herpesvirus, sondern auch gegen das Vogelgrippevirus und somit zu einem Schutz gegen beide Viren. Dies haben erste Test auch bereits belegt.
Impfstoff noch nicht marktreif
Die Forscher kommen zu dem Schluss: „Der Vorteil der Nutzung des Herpesvirus als Träger des Fremdgens liegt unter anderem darin, dass Antikörper nur gegen das Hämagglutinin-Protein des Grippevirus induziert werden, während eine natürliche Infektion zur Ausbildung von Immunreaktionen gegen eine Reihe anderer viraler Eiweißstoffe führt. Damit lassen sich geimpfte Tiere von virusinfizierten Tieren unterscheiden.“
Wann das neue Vakzin auf den Markt kommt, ist noch ungewiss. Die Forscher um Mettenleiter und Fuchs müssen zunächst noch eine Reihe von Tests mit dem Impfstoff durchführen und sichere und effektive Möglichkeiten zur Massenproduktion entwickeln.
Bis dahin wird es keine flächendeckende Impfung des Geflügels in Europa gegen die Vogelgrippe geben. Dies verbietet ohnehin zurzeit noch das EU-Recht. Kommt eine Geflügelpest zum Ausbruch, nimmt das Katastrophenszenario deshalb vermutlich einen ähnlichen Verlauf wie im Jahr 2003. Damals war allerdings erst mal „Holland in Not“…
Stand: 28.10.2005