In jedem Mobiltelefon steckt mit mehr als 50 Metallen fast ein halbes Periodensystem und in den Schubladen der Deutschen mit insgesamt rund 200 Millionen ungenutzten Handys somit ein wahrer Schatz. Denn auf diese Weise horten deutsche Haushalte laut der Deutschen Umwelthilfe beispielsweise 6,2 Tonnen Gold oder 3.400 Tonnen Kupfer.
Trotzdem werden weltweit nicht mal ein Fünftel der ungenutzten Elektrogeräte gesammelt und recycelt. Stattdessen wurden laut dem UN Global E-Waste Monitor im Jahr 2019 weltweit fast fünf Millionen Tonnen Handys, Drucker oder PCs entsorgt. Und der digitale Schrottberg wächst stetig.
Elektroschrott als Risiko
Die Massen an Handys mit zerbrochenem Display und alten Laptops landen zudem in der Regel nicht mal auf deutschen Müllkippen – vielmehr werden sie in ärmere Länder wie Ghana oder Pakistan geschifft. Dort ist die Gesetzeslage zum Umweltschutz und der fachgerechten Müllbeseitigung weniger streng: Die Geräte landen auf ungeregelten Deponien. Um an wertvolles Kupfer oder Gold in den Geräten zu gelangen, wird der Elektroschrott zudem teilweise in offenen Feuern verbrannt.
Doch viele der Geräte enthalten Giftstoffe – in alten Laptops wurde beispielsweise noch giftiges Blei verwendet, Handybatterien enthalten Kadmium, auch giftige Chemikalien sind in den Geräten verbaut. Durch die Lagerung auf Deponien sickern diese Giftstoffe aus den Geräten in das Grundwasser und reichern sich im Ökosystem an, die Verbrennung des Elektroschrotts setzt große Mengen an klimaschädlichen Gasen frei. Das schadet der Umwelt.
Rohstoffabbau und -verarbeitung: Seltene Erden und deren ökologischer Fußabdruck
Durch diese unsachgemäße Verwertung der Elektrogeräte können enthaltene Materialien zudem nicht recycelt werden. Dabei werden Lithium, Kobalt und Seltene Erden dringend gebraucht. „Metalle spielen eine zentrale Rolle für einen erfolgreichen Umbau von Europas Wertschöpfungsketten und das Erreichen des Klimaschutzziels bis 2050“, erklärt Liesbet Gregoir von der Katholischen Universität Leuven und Kollegen.
Dabei ist das theoretische Potenzial enorm: Bis zu 75 Prozent des EU-Bedarfs an Hightech-Metallen könnte durch Recycling gedeckt werden, wie eine Studie zeigt: Bis zu 65 Prozent des konsumierten Aluminiums oder Kupfers, fast 80 Prozent des Lithiums und Kobalts und sogar über 100 Prozent der drei Seltenerdmetalle Neodym, Dysprosium und Praseodym könnten ab 2050 durch Recycling bereitgestellt werden. Das Problem: Noch sind die Recyclingverfahren aufwendig und teuer.
Innovationen in Recyclingverfahren
So etwa bei Lithium. Um die in der Batterie erhaltenen Materialien wiederzuverwerten, sind mehrere Verfahrensschritte nötig. Zudem sind die Verfahren noch unausgereift. Wissenschaftler arbeiten deshalb an effizienteren, günstigeren Recyclingmethoden. Bei dem sogenannten „mechanochemischen“ Recycling werden die Akkus beispielsweise zermahlen. Zum Abtrennen des Lithiums setztn man dann statt aggressiver Chemikalien Wasser, Aluminium und Hitze ein. „Das Verfahren eignet sich […] für viele verschiedene marktübliche Lithium-Ionen-Batterien“, erklärt Oleksandr Dolotko vom Karlsruher Institut für Technologie.
Auch die Trennung und das Recycling der Seltenen Erden sind aufwendig und teuer. So teuer, dass derzeit nur knapp ein Prozent der Seltenen Erden recycelt wird. Doch auch an diesem Problem wird gearbeitet. US-Forscher haben 2021 beispielsweise das Flash-Joule-Heating entwickelt, bei dem Metalle durch starkes, kurzes Erhitzen aus Elektroschrott wiedergewonnen werden können.
Forschende der ETH Zürich haben 2024 ein Verfahren vorgestellt, bei dem das Material Tetrathiowolframat das Seltenerdmetall Europium mit 99,8-prozentiger Effizienz von Yttrium trennt. „Damit gewinnen wir Europium in wenigen einfachen Schritten – und das in Mengen, die mindestens 50-mal höher sind als mit bisherigen Trennmethoden“, sagt Marie Perrin von der ETH Zürich. Eventuell funktioniert das Trennverfahren auch bei Neodym oder Dysprosium.
Weniger Handys produzieren – how to?
Doch effizientes Recycling ist nicht die alleinige Lösung, denn es werden kontinuierlich neue Handys produziert. Zudem lassen sich auch kaputte Handys kaum reparieren – funktionieren beispielsweise die Lautsprecher nicht mehr, muss sich der Handybesitzer wahlweise damit abfinden oder sich ein komplett neues Gerät zulegen. „Ein Smartphone kann schon nach ein paar Jahren veraltet sein“, erklärt Huan Zhao vom Max-Planck-Institut für Eisenforschung gegenüber der Deutschen Welle. „Das macht eine Wiederverwendung und Wiederaufbereitung fast unmöglich.“
Deswegen bemühen sich einige Hersteller, reparierbare und länger haltbare Smartphones auf dem Markt zu etablieren. So beispielsweise die Marke Fairphone. Der Ansatz: Die Einzelteile des Handys, wie beispielsweise Bildschirm, Lautsprecher, Akku und Kamera, sind ohne Kleber zusammengesteckt. So können einzelne, nicht mehr funktionierende Module entfernt und ausgetauscht werden. Insgesamt hat das aktuelle Fairphone 5 insgesamt zehn solcher Module. Das steigert die Lebensdauer der Handys immens und vermeidet somit unnötige Treibhausgase aus der Produktion.