Doch nicht nur in ländlichen Gebieten schrumpft die Bevölkerung. In unterschiedlichem Ausmaß trifft das Problem fast jede ostdeutsche Stadt. Als Reaktion auf den auch in den Plattenbauten steigenden Leerstand startete die Bundesregierung im Jahr 2002 das Städtebau-Förderungsprogramm „Stadtumbau Ost“. 300.000 Wohnungen hat man seither abgerissen und zugleich überwiegend innerstädtische Quartiere saniert. 250.000 weitere Wohnungen sollen bis 2016 vom Markt genommen werden.
„Das wird jedoch schwierig“, sagt Anja Nelle von der Bundestransferstelle Stadtumbau Ost am IRS, „denn wegen des gesunkenen Leerstands hat sich der Handlungsdruck für viele Wohnungsunternehmen zurzeit entschärft, und in den am Stadtrand gelegenen größeren Plattenbaugebieten stehen immer weniger unsanierte Bestände zur Disposition.“ Außerdem ist der verbliebene Leerstand weiter verstreut als vor zehn Jahren – abrissreife Wohnkomplexe finden sich nur noch hier und da.
Problematisch für die nächste Phase des Stadtumbaus ist aus Nelles Sicht aber auch ein anderer Aspekt: Für die Kommunen wird es immer schwieriger, leerstehende Gebäude zu sanieren. Sie sind auf die Mitwirkung privater Eigentümer angewiesen, denen inzwischen rund 80 Prozent der Wohnungsbestände in ostdeutschen Innenstädten gehören. Eine Refinanzierung über Mieteinnahmen ist angesichts des schwachen Wohnungsmarktes unrealistisch. Es fehlen die Mieter, die Preise sind im Keller.
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Abriss für besseres Stadtklima
Dennoch können Abrisse die Situation der vom demografischen Wandel gebeutelten Städte auf ganz anderem Gebiet verbessern: Die entstandenen Freiflächen können helfen, Städte gegen die Folgen des Klimawandels zu wappnen. „Die Durchschnittstemperatur wird bis 2100 um etwa zwei bis vier Grad steigen, wobei in den Sommermonaten gehäuft und über längere Zeiträume Hitzewellen auftreten können“, beschreibt Stefanie Rößler vom Dresdener Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) einen der zentralen Trends.
Vor allem für Wohlbefinden und Gesundheit einer immer älter werdenden Bevölkerung könnte das problematisch werden. Dass Grünflächen Abkühlung bringen, zeigte das 2010 abgeschlossene Forschungsprojekt „Noch wärmer, noch trockener? Stadtnatur und Freiraumstrukturen im Klimawandel“. Ein Ergebnis: mit dichtem Baumbestand bepflanzte Flächen ab einem Hektar Größe – urbane Wälder – eignen sich als Maßnahme, Städte an den Klimawandel anzupassen.
Wiebke Peters / Leibniz Journal
Stand: 15.03.2013