Schwarze Löcher sind sehr theoretische Gebilde. Kein Mensch weiß, was einen im Inneren erwartet und niemand wird wohl auch in Zukunft nur in die Nähe eines solchen faszinierenden Objektes gelangen. Nichtsdestotrotz reisen die Astrophysiker immer wieder in Gedanken zu den Schwarzen Löchern und versuchen mit Hilfe der Relativitätstheorie, die Eigenschaften eines Schwarzen Loches zu beschreiben. Was würde also passieren, könnte man in ein Schwarzes Loch hineinfliegen?
Flöge man ins schwarze Loch hinein, würde man zerreißen
Einen Effekt der enormen Gravitation könnte man sofort am eigenen Leib spüren. Wie auf der Erde auch, wird die Wirkung der Schwerkraft mit abnehmender Entfernung zum Massezentrum stärker. Das bedeutet, dass auf die Füße stärkere Anziehungskräfte ausgeübt werden als auf den Kopf (vorausgesetzt, man nähert sich dem Schwarzen Loch mit den Füßen zuerst). Auf der Erde ist dieser Effekt aufgrund der geringen Gravitation vernachlässigbar, wir spüren davon nichts.
Bei einem Schwarzen Loch mit einer Masse von zehn Sonnen macht er sich bereits in einer Entfernung von 15.000 Kilometern bemerkbar: Der Körper wird unangenehm in die Länge gezogen. In 8.000 Kilometern Entfernung ziehen bereits Kräfte mit der vierfachen Erdbeschleunigung an dem Raumfahrer und in 3.000 Kilometern Abstand wird er mit 15 g auseinandergezogen. Spätestens hier kann man die Gezeitenkräfte nicht mehr aushalten. Flöge man weiter in das Schwarze Loch hinein, so würde man unweigerlich durch die Gravitation zerrissen und in den Ereignishorizont hineingezogen, wo die Atome des Körpers zur Singularität hinzugefügt würden.
Gravitationskräfte dehnen die Zeit
Viel erstaunlicher aber sind die Auswirkungen eines Schwarzen Loches auf Raum und Zeit. Da nach Einstein’s Relativitätstheorie die Zeit nicht absolut ist, sondern immer vom jeweiligen Beobachtungsstandpunkt abhängt, sind die Erlebnisse desjenigen, der in ein Schwarzes Loch reist, ganz anders als aus der Perspektive eines Außenstehenden. Dank der ungewöhnlichen Eigenschaften von Raum und Zeit in der Umklammerung des Gravitationsfelds wird die Gedankenreise komplett unterschiedlich ausfallen.
Zu Beginn der Annäherung an das Schwarze Loch geschieht nichts Außergewöhnliches. Die Uhren des Raumfahrers und des Beobachters gehen in Einklang. Der Raum ist noch nicht verzerrt und das Licht, das vom Raumfahrer zum Beobachter gelangt, sieht normal aus. Kommt der Raumfahrer dem Ereignishorizont näher, bemerkt der Beobachter, wie der Astronaut aufgrund der Gezeitenkräfte in die Länge gezogen wird. Obwohl für den Raumfahrer die Zeit ganz normal verstreicht, läuft seine Uhr für den Beobachter langsamer ab. Die Gravitationskräfte dehnen nun auch die vierte Dimension, die Zeit.
Schwebend bis in alle Ewigkeit
Zusätzlich erscheint der Raumfahrer dem Beobachter in einem röteren Licht. Dieses als Rotverschiebung bekannte Phänomen kommt dadurch zustande, dass sich das Licht mühsam aus dem Sog des Schwarzen Loches befreien muss. Der Zeitraum, der zwischen zwei Wellen des Lichtes vergeht, wird mit abnehmendem Abstand zum Ereignishorizont immer größer, das bedeutet, dass die Wellenlänge der Lichtstrahlen größer wird. Als Folge dessen erscheint das Licht, das beim Beobachter ankommt, mehr und mehr rot.
Ist der mittlerweile arg in die Länge gezogene Raumfahrer kurz vor dem Ereignishorizont angekommen, wird er für den Beobachter nahezu unsichtbar. Das Licht, das vom Raumfahrer zum Beobachter gelangt, ist extrem rot und verblasst zunehmend, da es in seinem Kampf mit der Gravitation immer mehr Energie verliert. Erstaunlicherweise wird der Beobachter den Raumfahrer niemals in das Schwarze Loch fallen sehen. Weil die Zeit immer langsamer verläuft, je näher der Raumfahrer dem Horizont kommt, überschreitet er diesen scheinbar nie und scheint für alle Ewigkeiten über dem Loch zu schweben.
Der Raumfahrer selber macht ganz andere Erfahrungen. Er bemerkt, wie er zunehmend schneller in das Schwarze Loch hineingezogen wird, bis er annähernd Lichtgeschwindigkeit erreicht. Was er im Inneren des Ereignishorizontes sieht, können wir uns jedoch nicht vorstellen. Unglücklicherweise wird der Raumfahrer auch niemals von seinen Erlebnissen berichten können, da sein Körper in einen Punkt von unendlich großer Dichte gequetscht wird, wenn er in die Singularität eintritt.
Stand: 16.03.2001