Drei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Erdöl oder Erdgas entstehen kann: Zunächst eine Schicht aus totem organischen Material, die aufgrund von Sauerstoffmangel nicht verwesen kann, dann hohe Temperaturen und viel Zeit…
Meeresfriedhöfe und Sümpfe
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Deutschland vor rund 300 Millionen Jahren, im Zeitalter des Karbons: Zusammen mit großen Teilen des heutigen Europa und Nordamerika liegt unsere Heimat in tropischen Gefilden nahe des Äquators. Nicht nur heiß und feucht ist es hier, auch die Vegetation zeigt sich üppig. Pflanzen und Bäume haben zum Teil gigantische Ausmaße angenommen. In den riesigen Sumpfgebieten sammeln sich mit der Zeit große Mengen an abgestorbenen Landpflanzen an, die wegen akuten Sauerstoffmangels oft nicht verwesen. Nach und nach bilden sich daraus gewaltige Torfschichten.
Circa 100 Millionen Jahre später im Jura – die Landmassen sind mittlerweile um Einiges nach Norden gewandert – hat sich die Situation vollkommen verändert. Nichts ist mehr zu sehen von den riesigen Wäldern, Europa ist vollständig von Wasser bedeckt. In dem Urmeer wimmelt es von Lebewesen wie Ammoniten, Schnecken oder Algen. Vor allem große Mengen an Plankton sammeln sich nach dem Tod am Meeresboden in etwa 200 bis 1.000 Meter Tiefe an. Sauerstoff ist hier äußerst knapp, so dass große Teile des toten organischen Materials sich nicht zersetzen und erhalten bleiben.
Soweit das Szenario, das Geowissenschaftler und Biologen für diese Epochen der Erdgeschichte entworfen haben. Damit aus dem Faulschlamm des Jura oder den Torfschichten des Karbons jedoch flüssige oder gasförmige Kohlenwasserstoffe entstehen konnten, mussten sich die Meeresfriedhöfe und Moore zunächst für Jahrmillionen einer Hitze“kur“ unterziehen.
Denn Erdöl bildet sich immer dann, so haben Forscher herausgefunden, wenn sich das abgestorbene organische Material in 2.000 bis 4.000 Meter Tiefe befindet und dort Temperaturen von etwa 65 bis 120 °C ausgesetzt ist. Erdgas dagegen „mag“ es lieber noch wärmer: Bei 120 °C bis 180 °C und 4.000 bis 6.000 Metern Tiefe sind optimale Voraussetzungen für die Entstehung vorhanden.
Mit dem „Fahrstuhl“ in den Untergrund
Doch wie gelangen die Schichten mit dem organischen Material so tief in den Erdboden? Verantwortlich dafür waren damals beispielsweise Sedimente, die sich im Laufe der Jahrmillionen immer wieder in Schichten oberhalb ablagerten und den Faulschlamm oder die Pflanzenteile wie ein riesiges, mehrere hundert Meter dickes Leichentuch überdeckten. Die Erdkruste ist zudem ständig in Bewegung: Sie hebt und senkt sich, verschiebt sich oder bricht. Dadurch sanken immer wieder Schichten mit den Überresten der Lebewesen in einem geologischen „Fahrstuhl“ in den Untergrund.
Mit jedem Meter tiefer stiegen dabei die Temperaturen weiter an und alles was von den ehemaligen Meeresfriedhöfen und Sümpfen bis dahin noch übrig geblieben war, wurde langsam „gekocht“. Nach einigen chemischen Umwandlungsprozessen blieben schließlich bestimmte Kohlenwasserstoff-Verbindungen übrig. Aus den ehemaligen Landpflanzen entstanden zunächst Braun- und Steinkohle und daraus dann Erdgas, aus dem Faulschlamm der Meere wurde Erdöl.
Erdöl und Erdgas auf Wanderschaft
Kaum „geboren“ wanderten die flüssigen oder gasförmigen Kohlenwasserstoffe aufgrund des enormen Drucks von ihrem jeweiligen Bildungsort aus wieder nach oben. In Poren und Rissen suchten sie sich ihren Weg Richtung Erdoberfläche bis sie eine dichte Deckschicht aus Ton oder Steinsalz aufhielt.
Hatte dieser gewaltige „Deckel“ eine Ausbuchtung nach oben, saßen die Rohstoffe fest. Sie sammelten sich mit der Zeit in den Poren des Gesteins und bildeten größere Lagerstätten. Die zum Teil gigantischen Depots beispielsweise in Sandstein- oder Kalksteinschichten gleichen dabei weniger einem flüssigen Ozean als einem tropfnassen Schwamm, nur dass die Zwischenräume im Geflecht statt mit Wasser mit Erdöl oder Erdgas belegt sind.
Stand: 24.06.2005