Zur Zeit grummelt es nur unter dem Hengill, dem nur 40 Kilometer von Reykjavik entfernten Vulkan im Südwesten Islands. Doch dabei muss es nicht bleiben. Seit einigen Jahren ist das unmittelbar um die isländische Hauptstadt liegende Gebiet in den Mittelpunkt der Untersuchungen der isländischen Seismologen und Vulkanologen gerückt. Der Grund: Im Untergrund von Reykjavik wächst die Spannung.
Sowohl die Wanderungsbewegungen der tektonischen Platten als auch der anwachsende Magmendruck im Inneren der Erde machen die Region inzwischen zur Gefahrenzone Nummer eins. Seit 1995 bebt die Erde hier immer häufiger, die Epizentren liegen dabei teilweise nur knapp außerhalb der Stadtgrenzen von Reykjavik. An manchen Tagen werden bis zu 1.200 Beben innerhalb von 24 Stunden registriert, einige von ihnen erreichen immerhin bis Stärke 4 auf der Richterskala. Eine vergleichbar starke Erdbebenaktivität hat es zuletzt in den fünfziger Jahren gegeben.
Für die Wissenschaftler des isländischen Wetterbüros kein sehr beruhigendes Anzeichen. Und noch etwas kommt hinzu: In dieser eigentlich so aktiven tektonischen Region hat es bereits seit 600 Jahren keinen Vulkanausbruch mehr gegeben – ist der nächste nun überfällig? Sicher weiß es niemand, doch einen wahrscheinlichsten Kandidaten dafür haben sich die Forscher bereits ausgeguckt: den Hengill.
Schon im August 1996 beobachteten Vulkanologen eine erhöhte Aktivität unter dem Feuerberg. Sie registrierten einen verstärkten Magmaeinstrom in die östliche der beiden Magmenkammern unter dem Vulkan. Von ihr ist zuletzt vor rund 10.000 Jahren eine Eruption ausgegangen, jetzt beginnt sie sich offenbar wieder zu füllen. GPS-Messungen zeigen, dass sich auch die Erdoberfläche über der Magmenkammer bewegt. Von 1992 bis 1996 hob sich der Untergrund hier um fünf Zentimeter. Dies ist zwar, verglichen mit anderen aktiven Vulkanen nicht viel, aber doch ein deutliches Anzeichen für Aktivität im Untergrund.
Für die Vulkanologen ist es immerhin ein Anlass, den Hengill unter ständige Überwachung zu stellen. 1999 wurde ein spezielles Messgerät auf dem Erdboden in der Nähe des Vulkans installiert. Es soll Magmenbewegungen in der Tiefe beobachten und übermittelt seine Daten direkt per Satellitenlink an die Zentrale in Reykjavik.
Doch auch an anderen Stellen Islands scheint das Feuer wieder zu erwachen. Für den Hot Spot unter dem mehrere Meter dicken Eispanzer des Vatnajökull sind die Prognosen ebenfalls nicht gerade beruhigend: Die Forscher sind sich inzwischen relativ sicher, dass es unter dem Gletscher brodelt. Sie prognostizieren für die nächsten 20 bis 30 Jahre eine extrem aktive Periode der 200 Kilometer weiten und 450 Kilometer tief reichenden Magmenquelle. Fast jedes Jahr, so die Vulkanologen, muss hier mit einem Ausbruch gerechnet werden…
Stand: 13.04.2001