„Seltene Erden brauchen wir heute, um mit energiesparender Beleuchtung, Katalysatoren und Elektrofahrzeugen in eine grüne Zukunft zu starten. Dabei müssen wir jedoch jetzt darauf achten, dass sie aus einer nachhaltigen Produktionskette stammen. Hierbei spielen neben einem umweltfreundlichen Bergbau die effiziente Gewinnung und Nutzung der seltenen Erden eine große Rolle. Hier sieht das Öko-Institut noch viel Spielraum für eine Optimierung“: Dies sagte Doris Schüler vom Öko-Institut Ende Januar 2011.
Wie recht sie damit hat – vor allem was die Verarbeitung der Seltenen Erden betrifft – zeigt jetzt ein Beispiel aus Deutschland. Betroffen ist der Rhein, genauer gesagt, der Flussabschnitt von Worms bis hin zur Mündung in der Nordsee.
Massive Kontamination des Rheinwassers
Wissenschaftler um Michael Bau und Serkan Kulaksiz von der Jacobs Universität Bremen haben dort eine erhebliche Gewässerverseuchung mit der Seltenen Erde Lanthan enthüllt. Wie sie in der Umwelt-Fachzeitschrift „Environment International“ berichten, lagen die ermittelten Konzentrationen etwa in der Region Mainz bis zum 46-fachen über den natürlichen Werten. Im Bereich Bonn-Leverkusen-Neuss stellten die Geochemiker immerhin noch das 25-fache der normalen Verunreinigung fest.
Panne bei der Katalysator-Produktion?
Doch warum ist gerade dieser Flussabschnitt von der Kontamination so massiv betroffen? Diese Frage ist bisher noch nicht endgültig geklärt. Es gibt aber durchaus Indizien dafür, woher das Lanthan stammen könnte. So werden in einem Wormser Werk in großem Maßstab Katalysatoren für Erdölraffinerien produziert. Dabei ist die Seltene Erde unentbehrlich. Das Lanthan, das ansonsten weltweit in Akkus für Elektroautos, Brennstoffzellen oder Rußpartikelfiltern zum Einsatz kommt, könnte dort demnach über das Industrieabwasser in den Rhein gelangt sein.
Zumindest ansatzweise bekannt ist mittlerweile, wie viel Lanthan der Fluss auf diese Weise kontinuierlich Richtung Nordsee transportiert: 1,5 Tonnen – pro Jahr. So lauten jedenfalls die ersten, allerdings noch unbestätigten Schätzungen von Bau und Kulaksiz.
(Keine) Gefahr durch Seltene Erde?
Doch wie gefährlich ist das Lanthan im Rheinwasser für Mensch und Natur? Das erste Fazit der Wissenschaftler fällt bei diesem Thema eher zwiespältig aus: „Während die im Rheinwasser auftretenden Lanthanmengen als gesundheitlich unbedenklich gelten, liegen die extrem hohen Konzentrationen von bis zu 49 Milligramm pro Kilogramm Lanthan, die an der Einleitungsstelle gemessen wurden, oberhalb der Werte, für die bereits ökotoxikologische Effekte beobachtet wurden.“
Wie lange das Lanthan schon in den Rhein strömt, und ob es bereits konkrete Schäden etwa im Bereich der Rheinökosysteme in der Region Worms verursacht hat, ist zurzeit aber noch unklar. Mindestens ebenso wichtig, wie die Folgen der Lanthanverseuchung zu erforschen, ist ohnehin die Quelle für die Verunreinigung zweifelsfrei zu identifizieren und zu schließen…
Dieter Lohmann
Stand: 13.05.2011