Immer wieder gewaltige Hurrikans, Amokläufe von Alligatoren, Überfälle auf Touristen: Im U.S.-Bundesstaat Florida lebt es sich von jeher gefährlich. Seit ein paar Jahren jedoch müssen sich Touristen und Einheimische noch mit einem anderen ebenso ungewöhnlichen wie gefährlichen Problem herumschlagen: Riesenschlangen.
Neue Heimat Florida
Das ist auf den ersten Blick verwunderlich, da solche Tiere normalerweise in Asien, Afrika, Australien und vielleicht noch in Südamerika leben. Doch längst haben sich auch die Vereinigten Staaten von Amerika zu einem Tummelplatz für solche Reptilien entwickelt. Genauer gesagt der Südosten des Landes. Neben Florida sind mittlerweile auch Louisiana und Mississippi von diesem Phänomen betroffen.
Dabei geht es nicht um einzelne Tiere, die sich in die Natur verirrt haben, sondern um eine regelrechte Pythonplage. Wie massiv die Invasion mittlerweile ist, zeigt ein Beispiel. So haben Schlangenexperten um Frank Mazzotti von der Universität Florida zwischen 2002 und 2005 „nur“ rund 200 Tigerpythons in und um den Everglades National Park herum gefangen oder tot aufgefunden. 2006-2007 hatte sich die Zahl bereits auf 418 mehr als verdoppelt.
Der Wildtierbiologe Skip Snow vom National Park Service in den USA schätzt, dass in Floridad vielleicht sogar 30.000 Tiere dieser Art wild leben. Mazzotti sieht das ähnlich und ergänzt: „Es gibt keinen Teil in diesem Staat, auf den man zeigen könnte, wo Pythonschlangen nicht leben könnten.“
Riesenschlangen erobern die Städte
Doch es ist längst nicht nur der Tigerpython, der die USA als Lebensraum erobert hat, erstaunliche acht weitere Arten von Riesenschlangen leben dort mittlerweile in freier Natur. Dazu gehören laut einer Studie des U.S. Geological Survey in Denver aus dem Jahr 2009 der Nördliche und der Südliche Felsenpython, Netzpython, Boa constrictor oder die Große Anakonda. Einige von ihnen haben sogar bereits die Vor- und Innenstädte mancher amerikanischer Metropolen in Besitz genommen. In Miami beispielsweise wurden laut dem neuen USGS Report bereits wiederholt Boa constrictor und Nördlicher Felsenpythons gesichtet.
Doch woher stammen die unerwünschten tierischen Einwanderer? Einige von ihnen sind aus Zoos oder Zuchtfarmen ausgebrochen, andere aus privaten Terrarien geflüchtet. Doch die meisten wurden den Experten zufolge von Menschen schlicht und einfach ausgesetzt.
Ein Babypython kostet in den USA auf einer Reptilien-Messe gerade mal 20 US-Dollar, im Fachhandel sind es vielleicht 60 bis 80. Kein Wunder, dass die Tiere reißenden Absatz finden, denn aufgrund der attraktiven Farbmuster und der angeblichen Gelehrigkeit und Fügsamkeit sind sie als Haustier äußerst begehrt. Sage und schreibe 100.000 Tigerpython sind zwischen 1996 und 2006 zu diesem Zweck in die USA importiert worden.
Vom Winzling zum Giganten
Doch der Kauf eines jungen Python entpuppt sich für so manchen unerfahrenen Reptilienfreund als klassisches Eigentor: Denn aus dem vielleicht 50 Zentimeter langen Winzling wird innerhalb eines Jahres ein muskulöser 2,4 Meter-Räuber, der nicht nur Unmengen an Futter braucht, sondern auch jede Menge Kot produziert. Für viele Schlangenhalter ein ebenso teures wie arbeitsintensives Vergnügen. So manchem wird sein Python daher lästig und er wird irgendwo in der Natur „entsorgt“.
Dieter Lohmann
Stand: 15.10.2010