Früher war noch alles gut im Pantanal. Damals, vor einigen Jahrzehnten, waren die Rinderherden, die die Farmer in der Trockenzeit auf die Graslandschaften führten, um sie dort zu weiden, noch überschaubar. Auf hundert gehaltene Tiere kamen etwa dreihundert Hektar Land, chemische Dünger und Spritzmittel gab es nicht. Diese extensive Viehhaltung schonte die natürlichen Ressourcen des Pantanals, Umweltprobleme waren nahezu unbekannt.
In den letzten Jahren ist die Konkurrenz unter den Rinderzüchtern durch den Druck des Marktes und insbesondere des Fleischpreises immer größer geworden. Die Folge sind drastische Maßnahmen auf den Viehfarmen, den so genannten Fazendas, die dem Pantanal und seiner einzigartigen Vielfalt schaden.
„Ich habe das immer abgelehnt, aber was mache ich jetzt? Holze gerade ein paar Hektar ab und säe Gras, Gras aus Afrika, das widerstandsfähiger und ergiebiger ist als das bei uns. Entweder man produziert mehr Fleisch und billiger. Oder man geht unter.“, beschreibt einer der Verwalter der zum Teil riesigen Viehfarm die Situation vor Ort in der Wochenzeitschrift DIE ZEIT.
14 Millionen Rinder sind zu viel
Doch das Abholzen der Wälder und die Eroberung großer Flächen durch fremde Arten sind nur eines der Probleme, die die immer weiter ausufernde Viehwirtschaft verursacht. Ein anderes ist die Überweidung. Mittlerweile leben rund 14 Millionen Rinder oder mehr zumindest zeitweise im Pantanal – viel zu viel für die überforderten Graslandschaften.
Um dennoch frisches und zartes Gras zu erhalten, brennen die Farmer deshalb die Felder in der trockenen Zeit ab, die Asche düngt den Boden und in der beginnenden Regenzeit wächst dann zarteres Gras nach. Folge: die Vegetation ist häufig vertrockneter und verarmter als sie es normalerweise wäre.
Viele Viehzüchter versuchen aber auch die Weidezeit künstlich zu verlängern. Sie bauen Dämme, um saftige Graslandschaften vor der Überschwemmung in der Regenzeit zu schützen. Damit jedoch stören sie den natürlichen Flutpuls, der für die perfekt an diesen Wechsel angepassten Tiere und Pflanzen überlebenswichtig ist. Den Graslandschaften, die nicht mehr überflutet werden, fehlt zudem der Nachschub an Nährstoffen, der sonst von den Wassermassen in Form von Sedimenten mitgebracht wird.
Im südlichen Pantanal ist seine Einzigartigkeit durch große Reisfelder bedroht. Das dafür benötigte Wasser leiten die Besitzer der Farmen aus den Flüssen auf die Anbauflächen. Der Reis wird anschließend von der Luft aus mit Pestiziden behandelt, die dabei auch im großen Maßstab ins Wasser gelangen. Anschließend wird die Giftbrühe wieder in die Flüsse zurück gepumpt und verteilt sich im ganzen Ökosystem.
Natürliche Pflanzenwelt bis 2050 komplett ausgelöscht?
Angesichts all dieser Probleme ist es kein Wunder, dass eine neue Studie der Umweltorganisation Conservation International do Brasil im Januar 2006 ein verheerendes Bild von der Situation im Pantanal und seinem Umland zeichnet. Nach den Ergebnissen der Umweltschützer ist durch die immer stärker wachsende Land- und Viehwirtschaft im Einzugsgebiet des Paraguay-Flusses bereits nahezu die Hälfte der natürlichen Vegetation verloren gegangen.
Betroffen von den dramatischen Veränderungen sind zwar vor allem die Gebiete um das Pantanal herum, aber auch das Feuchtgebiet selbst hat bereits 17 Prozent seines natürlichen Bewuchses eingebüßt. Die Folge: die Leistungsfähigkeit des Bodens lässt nach, Überweidung und Erosion drohen.
Ist die Gegenwart schon trüb, sieht Conservation International do Brasil für die Zukunft sogar schwarz: Denn die Studie der Umweltschützer kommt zu dem Schluss, dass die natürliche Pflanzenwelt des Pantanals schon im Jahr 2050 komplett ausgelöscht sein könnte, wenn die Zerstörung im gleichen Tempo weiter geht wie bisher.
Die Umweltschützer fordern deshalb die Regierungsbehörden dringend auf, Maßnahmen zum Schutz des Pantanals zu beschließen. Dazu könnten beispielsweise strengere Richtlinien zur Landnutzung in ökologisch sensiblen Regionen oder eine bessere Koordination der einzelnen Projekte zur Erhaltung der biologischen Vielfalt gehören.
Stand: 09.02.2007