
Teilchenspuren des ATLAS-Detektors bei der Entstehung eines Mini-Schwarzen Lochs nach einer Protonenkollision im LHC © CERN
Nach den Erkenntnissen unter anderem von Steven Hawking verliert ein Schwarzes Loch kontinuierlich Energie. Ist es jedoch zu schwach, um dies durch die Aufnahme von Materie wieder auszugleichen, schrumpft es unweigerlich in sich zusammen und zerstrahlt. Diese so genannte Hawking-Strahlung verhindert damit effektiv, dass eines der Mini-Löcher lange genug überlebt, um zu wachsen oder Unheil anrichten zu können. Nach Einschätzungen der CERN-Sicherheitsexperten ist ein Schwarzes Loch wahrscheinlich zerstrahlt, bevor es überhaupt die Wände des Beschleunigers erreicht hat.
Vorbild Kosmos
Und noch einen Punkt führen die Physiker gegenüber den Weltuntergangsszenarien an: den Kosmos. Der LHC wiederhole letztlich unter experimentell überprüfbaren Bedingungen nur das, was sich ohnehin milliardenfach im Weltall abspielt: „Wir wissen zum Beispiel, dass in jeder Sekunde ungefähr 100.000 Protonen von der Energie des LHC und höher als Teil der natürlichen kosmischen Strahlung auf die Erde einfallen und theoretisch Mini-Schwarze-Löcher produzieren könnten“, erklären die Forscher in einer Stellungnahme. „Wären diese Mini-Schwarzen-Löcher gefährlich, dürfte die Erde gar nicht mehr existieren.“
Keine Angst vor Stranglets
Und auch „Strangelets“, Klumpen von fremdartiger Materie, die ein oder mehrere „Strange“-Quarks als Elementarteilchen beinhalten, bedeuten nach Ansicht der CERN-Physiker keine Gefahr. Ein Szenario, bei dem sich die bei Kollisionen entstehenden Strangelets mit normaler Materie verbinden und dann diese nach und nach umwandeln, sei unrealistisch. Bisher gibt es aus anderen Teilchenbeschleunigern keine Hinweise darauf, dass Strangelets überhaupt entstehen und wenn, dann wären sie extrem instabil. Ihre elektromagnetische Ladung würde zudem jede normale Materie abstoßen und so eine Verbindung unmöglich machen.

Für die Kontrolle des Strahls ist die genaue Ausrichtung der Magneten entscheidend wichtig. sie wird hier noch einmal überprüft. © CERN
Wenn der Strahl Amok läuft
Weitaus realistischer als diese Szenarien sind dagegen Befürchtungen, dass sich der Strahl und damit die in ihm enthaltene Energie verselbstständigen könnte. Würde dies eintreten und der Strahl beispielsweise aus seiner Bahn ausbrechen, hätte er die Wucht eines 400 Tonnen schweren Hochgeschwindigkeitszuges. Seine Energie reichte aus, um 500 Kilogramm Kupfer zu schmelzen. Insofern war die Sicherheit und Kontrolle des Strahls von Beginn an eine der Hauptsorgen der CERN-Wissenschaftler und Ingenieure.
Denn wenngleich der Strahl im Untergrund nur wenig ausrichten kann, die Schäden an den getroffenen, milliardenteuren Geräten allein wären fatal. Unter anderem deshalb gibt es spezielle Sensoren, die ständig abtasten, ob der Strahl stabil ist. Registrieren sie Anzeichen für Abweichungen, wird innerhalb von drei Umkreisungen ein Satz von Magneten aktiviert, die den Strahl in eine speziell dafür ausgelegte Auffangkammer leiten. Hier stoppen dicke Graphitschichten die Protonen und absorbieren sie.
Strahlenschleuder LHC?
Die energiereichen Teilchenströme und vor allem die bei den Kollisionen freiwerdenden Partikelstrahlen erzeugen auch im Normalbetrieb eine, wenn auch geringe, radioaktive Strahlung. Messungen zeigen jedoch, dass diese sich zum einen nur an spezifischen Stellen des Beschleunigertunnels sammelt – darunter die Kollisionsregionen und die „Dump“-Höhle, der Bereich, in dem der Strahl am Ende einer Messperiode abgebremst und absorbiert wird. Filter und spezielle Isolierungen sorgen dafür, dass, so die Aussage des CERN, pro Jahr maximal zehn Mikrosievert an die Umwelt abgegeben werden. Angesichts einer natürlichen Radioaktivität von 2.400 Mikrosievert pro Jahr in dieser Region sei dies weit unterhalb jeder bedenklichen Grenze.
Letztlich wird erst der Betrieb des Beschleunigers zeigen, welche Befürchtungen begründet waren und welche nicht. Doch die Chancen stehen gut, dass der LHC zwar Urknall-Bedingungen und andere seltsame Materieformen schafft, diese aber genau dort bleiben, wo sie hingehören: im Herzen der großen Detektoren.
Stand: 05.09.2008
5. September 2008