Astronomie/Kosmologie

Rittlings auf der Grenze

AB Pictoris B und die Frage nach der Entstehung

Aufnahme des durch eine Maske abgedeckten Sterns AB Pictoris mit seinem winzigen Begleiter (links unten). Das Bild stammt vom Instrument NACO am Very Large Telescope der ESO auf dem Paranal. © ESO

Im April 2005 entdeckte ein europäisch-amerikanisches Astronomenteam ein Objekt, das nicht nur fast, sondern haargenau „rittlings“ auf der von der IAU definierten Grenze zwischen Braunen Zwergen und Exoplaneten sitzt: Der dunkle Begleiter des rund 150 Lichtjahre entfernten Sterns AB Pictoris ist genau 13 Jupitermassen schwer. Die spektroskopischen Daten ordnen AB Pictoris B eindeutig einem substellaren Objekt, also einem Planeten oder Braunen Zwerg zu, aber welchem von beiden?

Genau wegen dieser Frage und seiner einzigartigen Position auf der Grenze sehen die Astronomen in dem „Vielleicht-Braunen Zwerg“ eine Art Rosetta-Stein – eine wichtige Hilfe auf dem Weg zur Entschlüsselung des kosmischen Rätsels. Denn wenn für AB Pictoris B geklärt würde, was genau er ist, dann wäre das Problem vermutlich auch für alle anderen Objekte dieser Art gelöst. Doch noch ist es nicht soweit. Klar scheint nur eines: Die Größe allein reicht als Kriterium nicht aus.

Eine Frage der Entstehung

„Es gibt zwei Lager, wenn es um die Abgrenzung von Planeten gegenüber Braunen Zwergen geht“, erklärt Giovanni Fazio vom Smithsonian Center für Astrophysics im gleichen Jahr in der Fachzeitschrift „Astrophysical Journal Letters“. „Die einen gehen nach der Größe und die anderen danach, wie sich das Objekt gebildet hat.“

Junger Stern, um den sich ein Planetensystem bildet (künstlerische Darstellung). © ESO

Theoretisch können Begleiter von Sternen auf drei Arten entstehen: Materie in einer Staubscheibe um einen Stern ballt sich zusammen und bildet allmählich einen Gesteinsplaneten der zehnfachen Erdgröße, der dann nachträglich eine große Gashülle „einsammelt“. Oder aber – zweites Szenario – ein Gasklumpen innerhalb dieser Akkretionsscheibe kollabiert und bildet direkt einen Gasriesen. Und als letztes Szenario: Es gibt keine protoplanetare Akkretionsscheibe, der Begleiter entsteht gleichzeitig mit dem Zentralstern und wie dieser direkt aus einer kollabierenden Gas- und Staubwolke. In den ersten beiden Fällen würde es sich gängiger Ansicht nach um einen Planeten handeln, im dritten Fall aber um einen Stern – oder aber einen Braunen Zwerg.

Wie aber sah die Entstehung von AB Pictoris B aus? Diese Frage stellten sich auch Gael Chauvin von der Europäischen Südsternwarte (ESO) und ihre Kollegen. Ein wichtiges Indiz lieferte die Umlaufbahn des Objekts. Mit einer Entfernung von 260 Astronomischen Einheiten (AU) ist AB Pictoris B mehr als neun Mal so weit von seinem Zentralstern entfernt wie der Neptun von der Sonne – und damit ein ziemlicher Sonderling:

Sonderling auf weiter Bahn

„In sehr nahen Umlaufbahnen von weniger als vier Astronomischen Einheiten zeigen die gefundenen Objekte meist eine Bandbreite von zwischen zehn und einer Jupitermasse“, erklären die Forscher in ihrer Veröffentlichung. „Unsere Durchmusterung von rund 50 Sternen in mehr als 80 AU Entfernung und hinunter bis zu zwei Jupitermassen hat jedoch nur einen einzigen möglichen Begleiter von Planetenmasse ergeben: AB Pictoris B. Auch andere hochauflösende Kartierungen von jungen Sternen im Nahinfrarotbereich, beispielsweise durch die Keck-Teleskope auf Hawaii oder das Weltraumteleskop Hubble, haben in solchen Entfernungen keine planetenähnlichen Objekte gefunden.“

Materiescheibe zu klein?

Nach Ansicht der Astronomen könnte dies schlicht daran liegen, dass sich in solchen Entfernungen einfach keine Planeten mehr bilden können. Die protoplanetare Gas- und Staubscheibe, die sozusagen das Nährmedium für die heranwachsenden Planeten bildet, reicht bei den meisten Sternen nicht so weit hinaus oder ist im Außenbereich nicht mehr dicht genug. Die Bedingungen erlauben daher dort kein allmähliches Zusammenballen von Materie nach dem üblichen Muster – und dies schon gar nicht bei einem so jungen Stern wie AB Pictoris, der mit gerade einmal 30 Millionen Jahren noch zu den stellaren „Teenagern“ gehört.

Daraus folgt für Chauvin und Co.: AB Pictoris B kann nicht durch den normalen Prozess der Planetenbildung entstanden sein. Stattdessen ist er vermutlich das Resultat des gleichen Prozesses, der auch seinen Zentralstern schuf: der Kollaps einer interstellaren Gas- und Staubwolke.

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Nadja Podbregar
Stand: 07.05.2010

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Inhalt des Dossiers

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Rittlings auf der Grenze
AB Pictoris B und die Frage nach der Entstehung

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