Rituale gelten als typisch menschlich. Doch sind wir wirklichen die einzigen Lebewesen auf diesem Planeten, die zu rituellem Handeln fähig sind? Einige Wissenschaftler vermuten inzwischen, dass das nicht so ist. Sie glauben zumindest bei unseren engsten Verwandten, den Schimpansen, ebenfalls Anzeichen von ritualisiertem Verhalten erkannt zu haben.
Tradition ohne praktischen Nutzen
Unstrittig ist, dass die Primaten dazu in der Lage sind, gruppeninterne Traditionen und Kulturen zu entwickeln. Diese dienen in der Regel jedoch einem praktischen Sinn – zum Beispiel der Beschaffung von Nahrung. Wenn alle Schimpansen einer Gruppe etwa regelmäßig einen Stein auf eine Nussschale fallen lassen, verfolgen sie damit das Ziel, die Nuss zu fressen.
Ein Team um Kristin Bonnie vom Yerkes-Primatenforschungszentrum in Atlanta hat allerdings vor einigen Jahren gezeigt: Die Affen eignen sich auch Verhaltensweisen an, die auf den ersten Blick kein direktes Ziel verfolgen. Um das zu belegen, brachten die Forscher jeweils einem hochrangigen Weibchen aus zwei unterschiedlichen Schimpansengruppen willkürlich aneinandergereihte Handlungsabfolgen bei. Und tatsächlich: Schon bald ahmten auch die anderen Affen der Gruppe dieses Verhalten nach – es wurde gewissermaßen zu einem Ritual innerhalb der Gemeinschaft.
Rätselhafte Steinhaufen
Auch Beobachtungen bei frei lebenden Schimpansen deuten darauf hin, dass die Tiere bereits Verhalten an den Tag legen, das an religiös motivierte menschliche Rituale erinnert. So wurden Schimpansen im Dschungel Westafrikas jüngst dabei beobachtet, wie sie immer wieder einen Stein nahmen, sich aufrichteten, einen Schrei ausstießen und den Stein dann gegen einen bestimmten Baum warfen. An vielen Stellen finden sich dort deshalb auffällige Steinhaufen.