Was aber macht die Rippenqualle Mnemiopsis so bedrohlich für die etablierten Ökosysteme des Freiwassers? Nach Ansicht der Forscher Lutz Postel und Sandra Kube von der Universität Rostock finden sich Erklärungen dafür in der Biologie und Lebensweise der Art. So fragil diese bis zu zehn Zentimeter große Rippenqualle dem Beobachter auch erscheinen mag, sie ist äußerst robust und anpassungsfähig sowohl gegenüber Umweltfaktoren als auch in Bezug auf ihre Rolle im Nahrungsgefüge des freien Meeres.
In ihren natürlichen Verbreitungsgebieten, den Ästuaren der Ostküste Nord- und Südamerikas, toleriert Mnemiopsis leidyi Salzgehalte von zwei bis 38 PSU. Diese Einheit für den Salzgehalt beruht auf der Leitfähigkeit des Wassers mit gelösten Salzen. 35 gilt dabei als „Standard-Meerwasser“, ein Wert von 2 entspricht demzufolge schon fast Süßwasser. Auch die Temperaturtoleranz ist ähnlich breit: sie reicht von zwei bis 32°C, für die Fortpflanzung bedarf es allerdings mindestens 12°C.
Bei günstigen Temperatur- und Nahrungsbedingungen erreicht die Rippenqualle ein enormes Reproduktionspotenzial: Bis zu 3.000 Eier pro Elterntier und Tag sind keine Seltenheit. Im Jahresverlauf zeigt Mnemiopsis leidyi in den nordamerikanischen Küstengewässern allerdings starke Populationsschwankungen. Die Dichte der Tiere ist dort für gewöhnlich die längste Zeit des Jahres extrem gering und steigt erst im Spätsommer für zwei bis drei Monate auf bis zu 300 Individuen pro Kubikmeter an, wenn die Wassertemperatur über 15°C beträgt und reichlich Nahrung vorhanden ist.
Als räuberische Art, die sich von schwebenden Kleinkrebsen sowie Fischeiern und Fischlarven ernährt, konkurriert sie dann mit Zooplankton fressenden Fischen um die gleiche Nahrungsressource und kann außerdem auch den Fischnachwuchs durch Wegfraß direkt dezimieren.
Sandra Kube/Lutz Postel, Forschungsmagazin Traditio et Innovatio, Universität Rostock
Stand: 25.09.2009