Die meisten natürlichen Düfte wie Blumenduft und Parfums bestehen aus Hunderten einzelner chemischer Duftkomponenten. Wie können wir also eine duftende Rose von einer Orange unterscheiden? Beim Einatmen dieser komplexen Mischung werden von den rund 350 verschiedenen Typen von Riechsinneszellen nur die aktiviert, die Rezeptoren für einen der vorhandenen Düfte tragen.
Neuroanatomische und immunhistochemische Daten haben gezeigt, dass alle Sinneszellen mit den gleichen Rezeptorproteinen ihre Nervenfortsätze von überall in der Nase in ein- und dieselbe kugelförmige Zellansammlung (Glomerulus) in unserem Riechhirn (bulbus olfactorius) senden. Alle rund 50.000 Nervenfortsätze der „Vanillin-Sinneszellen“ enden zum Beispiel in der „Vanillekugel“. Welche Markierungsstoffe diese Wegfindungsprozesse ermöglichen, ist bisher unbekannt.
Riecht man nun eine Mischung aus mehreren chemischen Komponenten, so werden entsprechend mehrere Sinneszellenrezeptortypen aktiviert und damit auch die dazugehörigen Glomeruli. Es entsteht ein reproduzierbares, aber komplexes Aktivierungsmuster von Glomeruli, das im Umkehrschluss zeigt, welche Duftmischung wir gerochen haben. Das Rosenduft-Aktivierungsmuster unterscheidet sich eindeutig vom Orangenduftmuster.
Wenn einzelne chemische Komponenten in beiden Duftmischungen vorkommen, können die Muster aktivierter Glomeruli überlappen. In der Psychologie könnte man dies mit dem Begriff Duftgestalt bzw. Gestalterkennung beschreiben. Haben wir einmal einen Duft gelernt, so können wir ihn auch wieder erkennen, wenn ihm ein Teil der Information fehlt. Das macht man sich zum Beispiel bei den stark reduzierten künstlichen Rosenoder Orangendüften zu nutze.
Stand: 23.07.2004