Der große Vorreiter der sinneserweiternden Bodyhacks ist Neil Harbisson. Der in Spanien aufgewachsene Künstler wurde mit Achromatopsie geboren – er ist völlig farbenblind. „Ich habe noch nie Farben gesehen und ich weiß nicht, wie Farben aussehen, denn ich komme aus einer Welt der Graustufen“, erklärt Harbisson bei einem TED-Talk. „Für mich ist der Himmel immer grau, Blumen sind immer grau, und das Fernsehen ist immer noch schwarzweiß.“

Farben als Töne
2004 aber änderte sich dies – durch einen Bodyhack. Harbisson ließ sich eine Art Farbantenne einpflanzen. Ein vorne am Kopf sitzender Sensor erkennt die Wellenlänge des Lichts, das von Objekten ausgeht – ihre Farbe. Ein am Schädelknochen implantierter Chip wandelt diese Informationen in Vibrationen bestimmter Frequenz um. Diese Schwingungen werden über den Knochen ans Ohr übertragen, so dass Harbisson nun die Farben seiner Umgebung hören kann. Beim Rot einer Ampel hört Harbisson die Note „A“, blau ist ein „C“ und grün ein „F“.
Umgekehrt übersetzt Harbisson die Töne von Musik, Sprache oder anderen Geräuschen unwillkürlich in Farben. Er besitzt damit eine technisch induzierte Variante der Synästhesie. „Ich hörte ein Telefonklingeln und es fühlte sich grün an, denn es klang genau wie die Farbe Grün. Der Piepton von BBC, er klingt Türkis, und Mozart zu lauschen war eine gelbe Erfahrung“, berichtet der Bodyhacker. Über eine WLAN-Schnittstelle kann er sich zudem auch Farben oder Töne von engen Freunden schicken lassen und so auf völlig neue Art kommunizieren.
Offiziell ein Cyborg
„Das Leben hat sich dramatisch verändert, seit ich Farben höre“, berichtet der Künstler. Was er anfangs noch bewusst als technisches Hilfsgerät empfand, ist inzwischen integraler Teil seiner Wahrnehmung. „Ich spürte, dass der kybernetische Apparat kein Apparat mehr war. Er war ein Teil meines Körpers geworden, eine Erweiterung meiner Sinne“, so Harbisson. Er sieht sich seither als kybernetisches Wesen – als posthumanen Organismus, wie er erklärt.