Oktober 2009. Die NASA veröffentlicht wieder einmal ein Update ihrer Risikokalkulation für 2036. Wieder sind es gute Nachrichten: Die Wahrscheinlichkeit für einen Einschlag von Apophis im Jahr 2036 ist auf 1:250.000 gesunken. Alles soweit prima, könnte man meinen. Doch die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos sieht dies anders.
Einschlagsziel Russland?
Kaum zwei Monate später nimmt sie die gute Nachricht zum Anlass, noch einmal ordentlich Panik zu schüren: „Menschenleben stehen auf dem Spiel“, erklärt Roskosmos-Leiter Anatoly Perminov gegenüber der Presseagentur Interfax im Dezember 2009. Er habe von Wissenschaftlern gehört, dass der Asteroid Apophis „ungefähr 2032“ die Erde treffen könnte, so der Ingenieur. „Wir sollten mehrere Millionen Dollar ausgeben und ein System bauen, das diese Kollision verhindert, statt einfach dazusitzen und darauf zu warten, dass die Katastrophe eintritt und hundertausende von Menschen tötet.“ Perminov kündigt an, ein internationales Treffen von Wissenschaftlern aus Russland, Europa, China und den USA einberufen zu wollen.
Auch wenn es so klingt, als habe der Russe vielleicht einmal zu oft den Film „Armageddon“ gesehen – vielen Asteroiden-Experten und Astronomen spricht Perminov damit aus dem Herzen. Denn sie fordern schon seit Jahren Raumfahrtmissionen zur näheren Überwachung und gegebenenfalls Ablenkung von Erdbahnkreuzern. Und dass ausgerechnet Russland sich in Bezug auf Apophis engagiert, ist auch nur bedingt verwunderlich. Denn sollte Apophis 2036 tatsächlich die Erde treffen, läge Russland genau in seinem möglichen Zielgebiet.
Mission zum Preis von „Armageddon“
Einer der engagiertesten Verfechter einer Überwachungs-Mission ist Rusty Schweickart, ehemaliger Apollo-Astronaut und Mitgründer der B612- Stiftung, die sich der Abwehr von potenziell bedrohlichen Asteroiden verschrieben hat. Schon im Mai 2005 hielt er eine Rede im US-Kongress, in der er für eine Überwachungs-Mission zum Asteroiden Apophis plädierte. Eine solche Mission sei die einzige Möglichkeit, lange vor dem Vorbeiflug 2029 zu erfahren, ob der Asteroid das Schlüsselloch durchfliegen wird oder nicht. Kosten würde das Ganze, so Schweickart, maximal 250 Millionen US-Dollar. Das entspricht ironischerweise ziemlich genau den Produktionskosten des Hollywood-Schockers „Armageddon“.
„Don Quijote“ auf Asteroidenjagd
Die europäische Raumfahrtbehörde ESA hat dagegen bereits seit 2006 ein Konzept in der Schublade, das Überwachung und Ablenkung kombiniert. „Don Quijote“, so der beziehungsreiche Name der Mission, besteht aus zwei Raumsonden, die zeitversetzt den Asteroiden ansteuern. Der Orbiter „Sancho“ bildet die Vorhut und dient der Beobachtung und Messung der Bahnparameter. „Hidalgo“ dagegen ist auf Selbstmordkurs: Er soll den Asteroiden rammen und so um das entscheidende Bisschen von seinem Kollisionskurs abbringen. Noch allerdings existiert diese Mission nur auf dem Papier. Geld dafür gibt es auch in Europa nicht.
Nadja Podbregar
Stand: 29.01.2010