Schauplatz Mecklenburg-Vorpommern. Hier in der Küstenregion zwischen den vorgelagerten Inseln Usedom und Rügen wird zurzeit ein völlig neues Schutzsystem gebaut, um die Stadt Greifswald und ihr Umland lückenlos vor Sturmfluten zu sichern. Aufgrund der flachen Küstenlinie und des trichterförmig geformten Greifswalder Bodden ist diese Region besonders überschwemmungsgefährdet.
Die vorhandenen Hochwasserschutzanlagen sind veraltet und entsprechen längst nicht mehr den modernen Bemessungsgrundsätzen für extreme Hochwasserstände. Eine schwere Sturmflut, wie sie 1872 die Küste Mecklenburg-Vorpommerns erschütterte, so haben Studien des Landes Mecklenburg-Vorpommern ergeben, würde heute mehr als 18.000 Menschen, ein Viertel der Gesamtbevölkerung der Region, in arge Schwierigkeiten bringen. Im Rahmen des „Generalplans Küsten- und Hochwasserschutz Mecklenburg-Vorpommern“ versucht man deshalb mithilfe von Deichen, Verwallungen und einem Sperrwerk an der Mündung des Flusses Ryck mehr Sicherheit für die Bewohner zu schaffen.
Kernstück der Anlage ist das Sperrwerk, das den vier Meter tiefen und 60 Meter breiten Fluss im Katastrophenfall komplett verschließen soll. Ziel dieser Maßnahme ist es, ein ungehindertes Vordringen von Hochwasser flussaufwärts zu verhindern und damit Hafen und Hinterland vor Überflutung zu schützen.
Bei normalen Wetterbedingungen bleibt innerhalb des Sperrwerks eine 21 Meter breite Rinne frei, um den Schiffsbetrieb und den normalen Wasserabfluss zu ermöglichen. Mittels eines Drehsegmentes kann dieser Hauptverschluss je nach Situation vor Ort geschlossen oder geöffnet werden. Immer dann, wenn die Pegelstände 1,1 Meter über dem Normalwasserstand erreichen, wird das Schutzsystem aktiviert und die „Schotten“ komplett abgedichtet.
Einige Jahre müssen die Greifswalder aber noch vor Sturmfluten zittern, denn das beschriebene Szenario ist noch längst keine Realität. Das Genehmigungsverfahren beispielsweise wird frühestens 2003 abgeschlossen sein. Bis das Sperrwerk und die anderen Küstenschutzmaßnahmen endgültig fertig sind, werden auch danach noch einige Jahre vergehen.
Doch Greifswald ist kein Einzelfall. Auch in anderen Teilen Deutschlands spielen Sperrwerke beim Schutz vor Sturmfluten eine wichtige Rolle. Überall werden sie verwendet, um Flussmündungen und Buchten zu schützen, in die das Wasser bei Sturmfluten sonst ungehindert eindringen kann.
Schon in den 70er Jahren des 20.Jahrhunderts wurde beispielsweise an der Eidermündung ein Sperrwerk gebaut, das zusammen mit verschiedenen Deichanlagen bisher alle Sturmfluten sicher überstanden hat. Das Wasser des Flusses kann – wenn das Sperrwerk geschlossen ist – vor die Deichlinie gepumpt werden, um Überschwemmungen zu verhindern, die durch einen Wasserrückstau entstehen könnten.
Das vielleicht bekannteste und berühmteste Sperrwerk der Welt jedoch steht in London. Das „Thames Barrier“ gehört zu den größten Sturmflutschutzanlagen der Welt. Nach der katastrophal verlaufenen Sturmflut von 1953, bei der viele Menschen starben, wurde der Bau von der britischen Regierung in Angriff genommen. Die 500 Millionen Pfund teure Barriere soll die Millionenstadt heute und in Zukunft vor schweren Flutwellen aus der Nordsee schützen.
Stand: 20.04.2002