Samstag, 12. März, Fukushima. Während Erdbeben und Tsunami ganz Japan in Schockstarre versetzt haben, spitzt sich am Morgen in den Reaktoren 1 bis 3 des Kraftwerks Fukushima Daiichi die Lage immer weiter zu. Noch immer ist es nicht gelungen, die mobilen Generatoren anzuschließen und das Notkühlsystem wieder in Gang zu bringen. Die Bezirksregierung ordnet gegen sechs Uhr morgens sicherheitshalber die Evakuierung der im Umkreis von zwei Kilometern um das Atomkraftwerk lebenden Bürger an.
In Tokio gibt Staatssekretär Yukio Edano später am Morgen eine Pressekonferenz, in der er zwar betont, dass es keine Hinweise auf austretende Radioaktivität gibt. Gleichzeitig aber erweitert er die Evakuierung auf drei Kilometer Umkreis und weist alle Einwohner der zehn-Kilometer-Zone an, sich bereit zu halten. In den Reaktorblöcken 1 bis 3 geht der Kampf um die ausgefallene Kühlung weiter, im Block 2 läuft die Notkühlung inzwischen zumindest zeitweilig. Mittlerweile ist in allen drei Reaktoren der Wasserstand im Druckbehälter gefährlich abgesunken, die Temperaturen steigen. Die Spitzen der Brennstäbe liegen teilweise frei. Wie weit, weiß allerdings niemand so genau, da die Sensoren teilweise widersprüchliche Werte liefern.
„Venting“ gegen den Überdruck
15:36 Uhr Ortszeit, Atomkraftwerk Fukushima. Im Reaktorblock 1 droht eine Katastrophe: Das durch die enorme Hitze verdampfende Kühlwasser treibt den Druck im Reaktorgefäß rasant in die Höhe. Der Druckbehälter hält zwar selbst im Normalbetrieb mehr als vier Megapascal stand, doch das Gas im Inneren hat bereits den doppelten Druck erreicht und droht, die Belastungsgrenze zu übertreffen. Den Kraftwerksingenieuren bleibt nur eine Wahl: Sie müssen Druck ablassen – und damit heißen, radioaktiven Dampf direkt aus dem Reaktorkern.
Doch kaum hat das entlastende „Venting“ begonnen, kommt es zu einer heftigen Explosion: Die Druckwelle sprengt den gesamten oberen Teil des Reaktorgebäudes, das Dach fliegt ab, nur verbogene Stahlträger bleiben stehen. Die Rauchwolke der Explosion ist weithin zu sehen (youtube). Gleichzeitig steigt die Radioaktivität in unmittelbarer Nähe des Reaktors an, die Messgeräte registrieren radioaktives Iod und Cäsium.