20 Prozent des deutschen Strombedarfs sollen 2020 aus Erneuerbaren Energien produziert werden. Unmöglich? Keineswegs – zumindest wenn es nach der Netzstudie der Deutschen Energie-Agentur (dena) aus dem Jahr 2005 und Bundesumweltminister Sigmar Gabriel geht. Doch die Sache hat einen Haken.
„Damit dieses Ziel erreicht wird, muss das enorme Potenzial der Windenergieerzeugung auf dem Meer genutzt werden. Bis 2030 sollen daher Offshore-Windparks mit einer Leistung von insgesamt rund 20.000 bis 25.000 Megawatt in Nord- und Ostsee errichtet werden. Diese können rund 15 Prozent des deutschen Strombedarfs decken“, sagt Gabriel in der Broschüre „Entwicklung der Offshore-Windenergienutzung in Deutschland“ aus dem Jahr 2007.
Auch die Umweltorganisation Greenpeace geht davon aus, dass die Zukunft der Windenergie auf dem Meer liegt und dass Offshore-Windenergie ein „unerschöpflicher und ökologisch sinnvoller Bestandteil des Energiemixes der Zukunft sein wird“.
Doch es könnte vielleicht sogar noch besser kommen. Denn Greenpeace-Experten haben errechnet, dass die Offshore-Windenergie von ihrem technischen Potenzial her irgendwann einmal fast 50 Prozent des Strombedarfs in Deutschland decken könnte. Für Europa sieht die Situation noch viel verheißungsvoller aus: Würden alle erschließbaren Energiemengen und -standorte genutzt, wäre es unter Umständen sogar möglich den gesamten Strom, den unser Kontinent benötigt, auf dem Meer zu gewinnen.
Gigantische Lieferanten für Energie
Grundlage dieser Erwartungen sind vor allem die enormen Geschwindigkeiten von acht Metern pro Sekunde oder mehr, mit der der Wind über die Ozeane fegt. Meere wie die Nordsee werden so zu gigantischen Lieferanten für Energie – ideal zur Erzeugung von Strom mithilfe von Windrädern. Bis zu 40 Prozent mehr Strom als an Land können durch die Offshoreanlagen erzeugt werden.
Die Maxime für die Planer und Betreiber von Offshoreanlagen lautet dabei „Große Windparks mit viel Leistung in Küstennähe“. Wobei mit Küstennähe Standorte bis 50 Kilometer vom Festland entfernt gemeint sind. Doch die neue Technologie hat noch längst nicht alle Kinderkrankheiten überwunden. Noch gibt es viel Forschungsbedarf hinsichtlich der optimalen Windkraftanlagen für den Offshore-Bereich, der optimalen Standorte für die Windparks oder der Befestigung der einzelnen Windräder am Meeresboden.
Offshore-Boom in Nordeuropa
Dennoch hat in einigen Regionen Europas die Zukunft in Sachen Offshore-Windenergie bereits begonnen. „In ganz Europa sind Offshore-Windparks mit einer Leistung von knapp 1.000 MW installiert. Erste Erfahrungen wurden in Dänemark, Großbritannien, den Niederlanden und Schweden gemacht“, sagte der Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium Michael Müller in einer Rede anlässlich des EU Policy Workshop on Offshore Wind Power Deployment am 22. Februar 2007 in Berlin.
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Vorreiter bei der Offshore-Windenergie ist vor allem Dänemark. Hier wurden bereits in den Jahren 2002 und 2003 erste umfangreiche Demonstrationsprojekte bis zu 14 Kilometer weit vor der Nordseeküste gebaut. Hier liegen auch die aktuell weltweit größten Windparks Nysted und Horns Rev. Sie sind mit einer installierten Leistung von 165,6 und 160 Megawatt (MW) längst ans Netz angeschlossen und tragen ihren Teil zur Energieversorgung bei.
Und der nächste Quantensprung bei der Offshore-Windenergie scheint in Europa kurz bevor zu stehen. Nach Prognosen der European Wind Energy Association (EWEA) könnten bis 2010 bereits 10.000 MW und bis 2020 über 70.000 MW Leistung installiert sein.
Stand: 20.04.2007