Längst hat sich eine breite Allianz aus Politikern, Wissenschaftlern, Umweltschützern und der Tourismusindustrie formiert, die gegen das Projekt protestiert. Neben Organisationen wie dem International River Network gehören dazu zahlreiche Nichtregierungs-Organisationen (NGOs) in den betroffenen Ländern, aber auch die Kalahari Conservation Foundation oder das IUCN Botswana.
Sie alle sind sich einig, dass es fahrlässig wäre, irgendein Risiko für das „einzigartige Feuchtgebiet mit überwältigender Tierwelt“ – wie die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich das Okavango-Delta nennt – einzugehen, solange die Auswirkungen solcher Wasserbauprojekte noch nicht genau bekannt sind. Mit zahlreichen Aktionen und Programmen machen sie auf die Situation aufmerksam und versuchen so Projekte wie im Caprivi-Zipfel Namibias zu verhindern.
Auch Zeitschriften wie der Spiegel haben das umstrittene Projekt aufgegriffen: „Gefährliche Unvernunft im Paradies“, „Umstrittene Wasserprojekte in Namibia“ oder „Endzeit im Paradies“: Schlagzeilen wie diese dominieren auch in Deutschland immer wieder mal die Schlagzeilen seit das NamPower-Projekt am Okavango publik geworden ist.
Argumente oder Halbwahrheiten?
Eine ganze Palette an Argumenten halten Kritiker des Wasserkraftwerks parat, wenn es um das geplante Bauvorhaben geht. So bezweifeln die Gegner des rund 33 Millionen Euro teuren Projektes beispielsweise, dass auch in Zukunft genug Wasser in das Delta gelangt, um für die lebensnotwendigen großflächigen Überschwemmungen in der Region zu sorgen.
Wenn man die Machbarkeitststudie genauer betrachtet, ist diese Begründung allerdings wenig stichhaltig. Es liegt sogar der Verdacht nahe, dass um der „guten Sache willen“ von Teilen der Presse und der Umweltschützer mehr oder weniger bewusst mit unwahren Behauptungen gearbeitet wird. Denn anders als von manchen Kritikern immer noch propagiert, wird es am Okavango keinen Staudamm und damit kein „Abriegeln“ des Flusses geben. Aber nur solche Maßnahmen könnten den Einstrom von Okawango-Wasser in das Delta nennenswert verringern…
Doch sollte der Fall der Fälle irgendwann einmal eintreten, haben Wissenschaftler der ETHZ um Peter Bauer bereits ein mögliches Szenario für den Okavango berechnet. Danach könnte das Abzapfen von 20 Prozent des Flusswassers zur Folge haben, dass ein knappes Drittel des Deltas austrocknet – mit fatalen Auswirkungen auf Fauna und Flora.
Weniger Sedimente und zu wenig Strom
Nicht von der Hand zu weisen ist dagegen das Argument des verminderten Sedimenteintrags. Die Gegner fürchten, dass damit eine wichtige Nährstoffquelle für Fischbestände, aber auch für Papyrus- oder Palmenwälder fehlt und die biologische Vielfalt insgesamt bedroht ist. Weniger Sand verhindert aber auch, dass neue Inseln im Okavango-Delta aufgeschüttet werden, auf denen während der Flutzeiten zahlreiche Tierarten leben oder brüten.
Die Tourismusbranche sieht durch das Stauwehr eine sprudelnde Einnahmequelle schwinden. Sie, aber auch viele Naturschützer, halten das Okavango-Projekt für eine Gefahr für die bei den Gästen sehr beliebten Popa-Wasserfälle, die nur wenige Kilometer vom geplanten Wehr bis zu sechs Meter in die Tiefe stürzen.
Skeptisch macht viele Kritiker zudem, dass ein Wasserkraftwerk mit nur rund 20 Megawatt Leistung gebaut werden soll. Bei dem enormen Energiehunger in Namibia würde das Projekt tatsächlich kaum mehr als „den berühmten Tropfen auf den heißen Stein“ an Strom liefern.
Die Natur- und Umweltschützer vermuten deshalb, dass das Kraftwerk nahe Divundu nur das erste Mosaiksteinchen in einer ganzen Kette von Megabauten sein könnte, um die Fluten des Okavango für den Menschen nutzbar zu machen. Und da könnte durchaus etwas dran sein, denn Ideen und Visionen für eine Nutzung des Okawango-Wassers gibt es noch genug. Die meisten befinden sich allerdings zurzeit noch in der „Warteschleife“.
Stand: 30.07.2004