Dort, wo heute Industrieanlagen, alte Zechen und dicht besiedelte Städte das Bild prägen, wanderten vor Jahrmillionen noch Urzeitechsen durch sumpfige Täler und riesige Urzeit-Libellen schwirrten zwischen Schachtelhalmen umher. Bis heute zeugen immer wieder Fossilfunde davon, dass der Mensch keineswegs der erste Bewohner des Ruhrgebiets war.
Zufallsfund im Ruhrpott-Steinbruch
Wie fossilienreich der Untergrund selbst mitten im Ruhrgebiet ist, demonstrierte im Jahr 2012 ein sensationeller Zufallsfund: Eine Familie aus Dortmund machte einen Herbstspaziergang auf der GeoRoute Ruhr in Bochum-Stiepel, als sie am Wegesrand etwas Ungewöhnliches entdeckten. In der Wand eines kleinen, stillgelegten Steinbruchs traten aus dem Sandstein seltsame Strukturen hervor. Die jeweils rund 20 Zentimeter großen Abdrücke erinnerten an die Fußspuren eines Tieres. Die Finder schickten Fotos ihrer Entdeckung an den Geologischen Dienst NRW.
Als daraufhin Paläontologen die Fußabdrücke näher untersuchten, war ihnen schnell klar, dass die Dortmunder Familie hier auf eine echte Sensation gestoßen war. Denn die Spuren erwiesen sich als die älteste Wirbeltier-Fährte Deutschlands. Vor rund 316 Millionen Jahren hinterließ sie der Ursaurier Ichniotherium praesidentis im weichen Schlamm – ein Tier, das zu den ersten Landwirbeltieren gehörte und als Bindeglied zwischen Amphibien und Reptilien gilt. Das Tier war etwa zwei Meter lang und wog etwa so viel wie ein gut genährtes Hausschwein.
Quastenflosser und Urzeitlibelle
Einen ebenfalls eindrucksvollen Einblick in urzeitliche Lebenswelten geben einige Fossilfunde in einem ehemaligen Ziegelei-Steinbruch in Hagen-Vorhalle. Dort liegt sogar eine der bedeutendsten Fossilfundstätten in ganz Deutschland: Schon 16.000 Überreste von Tieren und Pflanzen haben Paläontologen im Schieferton dieses Steinbruchs gefunden. Die Fossilien stammen aus der Zeit vor rund 320 Millionen Jahren und damit aus dem Karbon – der Zeit, aus der auch die Steinkohle stammt.
Unter den Funden sind Fossilen von Farnen, Schachtelhalmen, Schuppenbäumen und Siegelbäumen. Sie zeugen von der üppigen Vegetation in diesem einst sumpfigen Flussdelta. Von der nahe gelegenen Meeresküste schwammen damals auch Quastenflosser und Stachelhaie in dieses Gebiet. Neben Geißelskorpionen, Tausendfüßern und Rieseninsekten stießen Forscher hier auch auf Fossilien der ältesten Fluginsekten der Welt, darunter eine Urzeit-Libelle mit einer Flügelspannweite von 32 Zentimetern.
Wer glaubt, das Ruhrgebiet hat nur Kohle, Stahl und Industrie zu bieten, wird durch solche Funde schnell eines Besseren belehrt. Auch geologisch und paläontologisch ist diese Region im Westen Deutschlands ein echtes Schwergewicht.
Nadja Podbregar
Stand: 23.03.2018