Auf dem Meeresgrund liegt ein Schatz. Keine Piraten-Beute, kein versunkenes Schiff – die Rede ist von Manganknollen, Kobaltkrusten und Massivsulfiden, die in mehreren Kilometern Wassertiefe lagern. Denn diese Jahrmillionen alten Gesteinsbrocken beherbergen Metalle, die viele Milliarden
Euro wert sind. Bekannt ist das seit Jahrzehnten. Doch obwohl zahlreiche Nationen Interesse zeigen, obwohl die Technik voranschreitet und obwohl der Bedarf an Rohstoffen steigt, lagert der Schatz weiterhin am Meeresgrund.
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Für die Forschung ist das eine gute Nachricht: So bleibt mehr Zeit, wichtige Fragen zu klären. Wie etwa könnten die wertvollen Metalle an die Oberfläche gebracht werden, ohne dem Ökosystem Meer Schaden zuzufügen? Wie können Umweltrisiken besser eingeschätzt werden? Nicht nur internationale Forschungsverbünde spielen bei der Beantwortung eine Rolle, sondern auch eine kleine Tiefseemuschel – aber dazu später mehr.
Wertvolle Knollen
Zunächst ein Blick auf die Fakten: Die faustgroßen, etwa pfundschweren Manganknollen in 5.000 bis 6.000 Metern Tiefe bestehen vor allem aus Mangan- und Eisenoxiden und sind durch ihren Gehalt an Kupfer, Nickel und Kobalt für die Elektroindustrie und Stahlveredelung interessant. Schicht um Schicht lagern sich die im Meerwasser gelösten Metalle um Kristallisationskerne herum ab. Und das seit langer Zeit: Der Durchmesser einer Manganknolle wächst in einer Million Jahren
um 10 bis 20 Millimeter.
Die größten Vorkommen befinden sich im Nordostpazifik, wo stellenweise die Hälfte des Meeresbodens mit diesen Knollen bedeckt ist. Während die Vorkommen von Kobaltkrusten und Massivsulfiden meist Inselstaaten gehören, liegen die Manganknollen vor allem auf internationalem Territorium jenseits der 200-Seemeilen-Zone.
Lizenz zum Abbauen
Um einen Run in Wildwest-Manier auf die besten Claims zu verhindern, werden die Lizenzen zum Abbau von Tiefsee-Bodenschätzen für 15 Jahre von der Internationalen Meeresbodenbehörde IMB mit Sitz in Kingston (Jamaika) vergeben. Sie verwaltet die Tiefsee-Rohstoffe im Auftrag der Vereinten Nationen seit 1994 als gemeinsames Erbe der Menschheit.
Für die Beantragung eines Lizenzgebiets von 75.000 Quadratkilometern Größe – etwas mehr als die Fläche Bayerns – muss der Antragsteller ein doppelt so großes Gebiet vorerkunden. Dafür muss er unter anderem Bodenproben nehmen und Meereslebewesen erfassen, was mehrere Jahre dauert. Die IMB wählt dann eine Hälfte des Gesamtgebiets aus und stellt sie Entwicklungsländern zur weiteren Erkundung kostenlos zur Verfügung.
Flickenteppich aus Claims
In der Clarion-Clipperton-Zone, einem Meeresgebiet zwischen Mexiko und Hawaii, liegt das deutsche Lizenzgebiet für Manganknollen. „Dort beträgt die Belegungsdichte zwischen 15 und 30 Kilogramm pro Quadratmeter, im Durchschnitt sind es knapp 20 Kilogramm“, erklärt Carsten Rühlemann, Meeresgeologe und Leiter der Explorationsarbeiten an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. In der Nachbarschaft: Großbritannien, Polen, Belgien, Südkorea, Frankreich, Russland – insgesamt 17 Staaten sind es, die hier ihre Claims abgesteckt haben.
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover erkundet seit 2006 den deutschen Teil und hat Ende 2013 eine Explorationslizenz für Massivsulfide beantragt. Die Forscher des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel dagegen befassen sich vor allem mit Umweltrisiken.
Thomas Röbke / Helmholtz Perspektiven
Stand: 10.10.2014