Neben der erschwerten Atmung muss der Nacktmull noch mit einem weiteren Nebeneffekt der hohen CO2-Konzentration in seinen unterirdischen Bauten zurechtkommen: Übersäuerung. Genauso wie der Kontakt zu Säure kann ein hoher Kohlenstoffdioxidgehalt bei Säugetieren Verätzungen und sehr schmerzhafte Entzündungen im Gewebe auslösen. Der Säuregehalt aktiviert Schmerzfühler in der Haut, die an das Gehirn das Signal „Schmerz“ senden.
Doch der Nacktmull bildet auch hier mal wieder eine Ausnahme: Er ist gegen chemische Reize wie Säure oder das in Chili enthaltene Capsaicin weitestgehend immun, und damit auch gegen eine schmerzhafte Übersäuerung des Gewebes durch Kohlendioxid. „Das ist für Wirbeltiere absolut einzigartig“, sagt Gary Lewin vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin, der die Superkräfte von Heterocephalus glaber seit Jahren erforscht.
Weiterleitung blockiert
Auf den ersten Blick erscheint diese Unempfindlichkeit des Nacktmulls rätselhaft. Denn auch er besitzt Sensoren, die Schmerzreize registrieren können. Allerdings, und das ist das Geheimnis: Sie leiten diese Reize nicht oder nur stark abgeschwächt an das Gehirn weiter. Schuld daran ist eine winzige Veränderung in einem Ionenkanal namens Nav1.7 – eine Struktur, die auch beim Menschen für die Weiterleitung von Schmerzreizen entscheidend ist.
Dank drei veränderten Proteinbausteinen funktioniert dieser Ionenkanal beim Nacktmull nur eingeschränkt und kann von Säure einfach blockiert werden. Als Folge erreicht das normalerweise durch Säure ausgelöste Schmerzsignal nicht das Gehirn.