Haie können es, Welse oder Rochen auch und viele andere Raubfische ebenfalls: Alle diese Tiere nehmen elektrische Felder wahr, die andere Tiere beispielsweise beim Schwimmen erzeugen. Der so genannte Elektrosinn hat seinen Sitz im Seitenlinienorgan dieser Fische, das gleichzeitig auch für den Tastsinn verantwortlich ist.
Passive Elektroortung
Vergleichbare Fähigkeiten waren lange Zeit von Säugetieren nicht einmal ansatzweise bekannt – einzige Ausnahme auch hier: die Kloakentiere. Beim Schnabeltier beispielsweise dient der Elektrosinn dazu, Nahrung wie Süßwassergarnelen oder Würmer im Schlamm der Flüsse oder Seen aufzuspüren. Wissenschaftler sprechen dabei auch von einer „passiven Elektroortung“.
Die Methode funktioniert einwandfrei, obwohl Augen, Ohren und Nasenlöcher beim Tauchen fest verschlossen sind. Sie können deshalb bei der Nahrungssuche keine Hilfestellung geben. Der Elektrosinn ist jedoch so sensibel, dass er selbst die extrem schwachen elektrischen Felder von vier bis fünf Mikrovolt pro Zentimeter identifiziert, die durch die Muskelarbeit der potenziellen Opfer erzeugt werden. Die Sinneszellen zur Aufnahme der elektrischen Reize befinden sich im entenartigen „Schnabel“ der Tiere, der eigentlich eine verlängerte Nase ist.
Superempfindliche Tastrezeptoren
Ergänzt wird das Handwerkszeug für die Jagd durch superempfindliche Tastrezeptoren unter der Nasenhaut. Sie können noch die seichtesten Wellenbewegungen, ausgelöst durch die Fortbewegung von Insektenlarven oder Krebsen, wahrnehmen. Die Informationen aus der Umgebung gelangen nach Angaben von Wissenschaftlern schließlich über einen vergleichsweise mächtigen Nervenstrang im Kiefer der Schnabeltiere zum Gehirn – der Räuber schnappt blitzschnell zu.
Schnabeltiere vertilgen die Beute aber nicht gleich vor Ort, sondern erst später in aller Ruhe. Die gefangenen Kleintiere werden deshalb wie bei unserem einheimischen Hamster in den Backentaschen zwischengelagert. Erst nach dem Auftauchen zermalmen die Säuger ihre Beute mit den Hornplatten, die an Stelle von Zähnen die Kiefer zieren.
Delfine machen Schnabeltieren Konkurrenz
Mittlerweile hat das Schnabeltier was den Elektrosinn angeht aber seine „Monopolstellung“ unter den Säugetieren verloren. Im Juli 2011 konnten Forscher um Wolf Hanke von der Universität Rostock zusammen mit amerikanischen Kollegen zeigen, dass auch Delphine Elektrosensoren besitzen. Diese befinden sich bei ihnen in den so genannten Vibrissengruben in der Schnauze der Tiere.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Elektrorezeptoren sich aus einem Tastsinnesorgan entwickeln können, das nahezu alle Säugetiere besitzen. Das deutet darauf hin, dass diese Art der Elektrowahrnehmung auch bei anderen Säugetierarten entdeckt werden könnte“, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift „Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences“.
Dieter Lohmann
Stand: 30.09.2011