Es ist ein Traum, fast so alt wie das Fliegen selbst: Passagierflugzeuge, die schneller fliegen als der Schall und ganz neue Möglichkeiten des Reisens eröffnen. Denn mit Mach 2 oder 3 schrumpfen die Entfernungen zusammen und selbst Ziele am anderen Ende des Planeten sind in wenigen Stunden erreichbar. Technisch sind solche Flüge seit mehr als einem halben Jahrhundert machbar. In der zivilen Luftfahrt jedoch ist das Überschallreisen eine kurze, wenig erfolgreiche Episode geblieben – zumindest bis jetzt.
Der erste Überschallflug
Den Anfang macht der legendäre US-Testpilot Chuck Yeager mit seiner Bell-X-1: Am 14. Oktober 1947 durchbricht er zum ersten Mal im Horizontalflug die Schallmauer. Damit beweist sein von der US Air Force und dem NASA-Vorläufer NACA entwickeltes Raketenflugzeug, dass das Fliegen mit Überschall grundsätzlich möglich ist – und das weder Mensch noch Maschine dabei auseinandergerissen werden.
Noch allerdings muss die Bell-X-1 dafür von einer Transportmaschine bis an den Rand der Stratosphäre gebracht werden – aus eigener Kraft vom Boden abheben kann sie nicht. Erst 1955 gelingt dem US-Kampfjet F-100 der erste Überschallflug komplett aus eigener Kraft – die Ära der militärischen Überschalljets hat damit begonnen. Die zivile Luftfahrt aber ist von solchen Geschwindigkeiten und Technologien noch weit entfernt.
Wettstreit der Systeme
Erst der Kalte Krieg und der mit ihm verbundene Technologie-Wettstreit der Systeme bringt Bewegung in die Aeronautik: Die Sowjetunion und die USA ringen nicht nur in der bemannten Raumfahrt um die Vorherrschaft, auch in der Luftfahrt gilt es, technische Überlegenheit zu demonstrieren. US-Präsident John F. Kennedy fordert 1963, man müsse sofort ein Programm beginnen, um so schnell wie möglich den Prototyp eines kommerziell erfolgreichen Überschall-Transporters zu entwickeln. Dieser solle „allem überlegen sein, was von einem anderen Land gebaut werden würde.“
Anstoß dafür ist das Wissen darum, dass die Sowjetunion bereits mit der Entwicklung eines ebensolchen Flugzeugs begonnen hat. Schon 1962 haben Großbritannien und Frankreich den Bau eines zivilen Überschallflugzeugs beschlossen – der Concorde. Der Wettlauf um die erste Überschall-Passagiermaschine ist damit eröffnet.
Das erste Überschall-Passagierflugzeug
Als Sieger geht die Sowjetunion daraus hervor: Während sich die USA mit ihren Plänen eines Riesenfliegers für 300 Passagiere und einem Flugtempo von Mach 2,7 verhebt und schließlich aus Kostengründen aufgibt, überschreitet die Tupolew Tu-44 im Jahr 1968 als erstes Verkehrsflugzeug die Schallgeschwindigkeit, 1970 erreicht sie sogar Mach 2. Ihre Konstruktion ist allerdings unausgereift, so dass es immer wieder zu Schäden durch unkontrollierte Vibrationen kommt. Die Maschinen werden deshalb ab 1975 nur für Fracht- und Postflüge eingesetzt.
Erst 1977 fliegt die modifizierte Tu-144S auf der Route Moskau-Almaty auch Passagiere. Nach einem schweren Unfall im Mai 1978 wird der Linienflug jedoch wieder beendet – der zivile Überschallflug ist damit in der Sowjetunion am Ende, bevor er richtig angefangen hat.
Die Concorde hebt ab
Anders sieht es mit dem europäischen Konkurrenzprodukt aus, der Concorde. Sie hebt zwar erst 1976 zum ersten Flug mit Passagieren ab, dafür fliegt die britisch-französische Konstruktion fast ein Vierteljahrhundert lang im Linien- und Charterbetrieb. Ihre Hauptrouten gehen von London und Paris über den Atlantik in die USA. Für die Strecke London-New York benötigt die Maschine etwa dreieinhalb Stunden – halb so viel wie ein normales Flugzeug. Dafür steigt sie auf Höhen bis 18.000 Meter und erreicht Geschwindigkeiten von bis zu Mach 2,2.
Doch auch die Concorde erfüllt letztlich nicht die in sie gesetzten Hoffnungen – und kann mit der Entwicklung des Luftverkehrs nicht mithalten: Zu laut, zu sprithungrig und vor allem zu teuer ist der einstige Stolz der europäischen Luftfahrt. Die Auslastung der Flüge sinkt und die Airlines schreiben mit ihrem Überschallflieger rote Zahlen. Nach dem dramatischen Absturz einer Concorde am Pariser Flughafen im Jahr 2000 wird der Flugbetrieb nach kurzer Pause zwar wieder aufgenommen, aber Akzeptanz und Nachfrage erholen sich nicht mehr.
Am 24. Oktober 2003 endet eine Ära: Die Concorde, das einzige Überschall-Passagierflugzeug der Welt, absolviert ihren letzten Flug. „Die Concorde war eine brillante Maschine, ein nobles Experiment. Aber sie setzte zu viele Emissionen in die Umwelt frei, überzog unsere Kommunen mit Lärm und war im Betrieb zu teuer“, sagt Tom Vice, CEO des Flugzeugherstellers Aerion Supersonic.