Mehr als 300 Gramm Müll hat über Jahrzehnte jeder Bergsteiger oder Tourist am Mount Everest zurückgelassen – täglich. Dies haben Abfallexperten und Umweltschützer ausgerechnet. Bei einer einzigen Expedition bis in 8.850 Meter Höhe kommen da schnell rund 500 Kilogramm Abfall zusammen.
Angesichts der Besucherströme, die sich seit einigen Jahren in Richtung Himalaya und speziell den Everest in Bewegung setzen, schien es nur eine Frage der Zeit, bis die gesamte Region zu einer einzigen großen Deponie für Kunststoffverpackungen oder Sauerstoffflaschen „mutiert“.
Doch seit einigen Jahren hat die nepalesische Regierung die Gefahr erkannt, die durch die Vermüllung des Everest droht. Nur eine weitgehend saubere und unberührte Natur lässt die Einnahmequelle Tourismus kräftig sprudeln und bringt frische Devisen in die Kasse eines der ärmsten Länder der Welt. Obwohl der meiste Profit von den Reiseagenturen und Fluggesellschaften abgeschöpft wird, tragen die Besucher aus Europa, Amerika oder Japan doch auch entscheidend zur Sicherung des Lebensunterhaltes vieler Nepalesen bei.
Doch wie konnte man dem Mülldesaster auf dem Dach der Welt Herr werden? Die Regierung des Landes, das gerade mal doppelt so groß ist wie Bayern, stand vor einem nahezu unlösbaren Problem. Schließlich galt es einen Weg zu finden, das Abfallproblem zu beseitigen ohne die Touristen und Bergsteiger, die ja für den Unrat in der Region verantwortlich waren, abzuschrecken.
Pfandgebühr und Müllexkursionen
Schließlich verfiel man 1996 auf die Idee, jeder Expedition zum Gipfel vorab eine Pfandgebühr in Höhe von einigen tausend Dollar abzuknöpfen. Sie wird erst dann zurückgezahlt, wenn der eigene Müll wieder im Tal angekommen ist und die zuständigen Kontrolleure des Tourismusministeriums dies alles genau überprüft haben.
Darüberhinaus galt es aber auch die gewaltigen Abfallmengen, die sich vor allem entlang der Hauptaufstiegsrouten im Laufe der Jahrzehnte angesammelt hatten, schleunigst zu beseitigen. Doch auch dafür hat man eine Lösung gefunden. Die nepalesischen Behörden riefen zum Groß-Reinemachen am Everest auf und schickten sogar Expeditionen los, die ausschließlich den Müll früherer Bergsteiger einsammelten. Die zumeist einheimischen Teilnehmer dieser „Schönheitsoperationen am Berg“ erhielten pro Kilogramm Altabfall rund acht Euro Belohnung.
Längst ist auch China im Dienste der „guten Sache“ unterwegs. Reinigungsaktionen am Everest polieren das angeschlagene Image des Reichs der Mitte in Sachen Umweltschutz auf und lassen sich als Werbung für die Olympischen Spiele 2008 in Peking gut verkaufen.
Im Rahmen der Mission „Sauberer Mount Everest“ beteiligen sich sogar private Organisationen, Umweltschützer oder ehemalige Everest-Besteiger an der Müllsuche. Dies bringt nicht nur ein gutes Gewissen sondern auch jede Menge Publicity. Kein Wunder, dass sich angeblich die verschiedenen Gruppen sogar gegenseitig den Abfall klauen, nur um mehr auf der Habenseite verbuchen zu können.
Einen Teil des auf diese Weise nach unten gebrachten Mülls hat man sogleich am Fuß des Basislagers verbrannt, tonnenweise wurde der Abfall aber auch in die Stadt Kathmandu abtransportiert und dort legal deponiert. Mittlerweile sollen große Teilen des Mülls am Mont Everest beseitigt sein. Eine offizielle Umweltinventur auf dem Dach der Welt hat es bisher aber nicht gegeben.
Müll auch auf anderen Achttausendern
Doch der Everest steht mit seinem Müllproblem nicht allein. Auch andere Achttausender im Himalaya ersticken im Abfall. Mit ähnlichen Mitteln wie am Everest, versucht man auch dort, der Situation Herr zu werden. So hat beispielsweise der koreanische Bergsteiger Wang Yong Han zusammen mit der französischen Bergsport Marke Millet auch am K2 am Manaslu und am Dhaulagiri aufgeräumt. Im Herbst 2005 will die Gruppe um Wang nun am Annapurna mit der Reinigung beginnen.
Stand: 16.09.2005