Ökologie

Schrumpf-Lurche

Skurrile Anpassung an zunehmende Dürre

Die Evolution bringt enorme Anpassungsleistungen hervor – gerade an die Unbilden des Klimas. Der Südwesten der USA zum Beispiel ist eine Region, in der sich Dürren häufen. Auf welche kreative Art sich eine Amphibienart der Dürre anpasst, erfuhren Andrew Gluesenkamp, Herpetologe beim Texas Parks and Wildlife Department und Nathan Bendik, Umweltwissenschaftler bei der Stadt Austin bei Forschungen in Höhlen und Quellen im texanischen Travis County.

Der Jollyville Plateau Salamander (Eurycea tonkawae) © Piershendrie / CC-by-sa 3.0

Ursprünglich hatten sie nur messen wollen, ob sich das Wachstum einer kleinen Lurchart, des seltenen Jollyville-Plateau-Salamanders, bei Dürre verlangsamt. Eine außergewöhnliche achtmonatige Dürre kam ihnen dabei zupass. Als sie die zuvor markierten und fotografierten Salamander nach Monaten der Dürre wieder einsammelten, hielten sie ausgezehrte Schrumpfversionen in ihren Händen. Die Kopf-Rumpf-Länge der Salamander war um bis zu acht Prozent kürzer als vor der Dürre, der Schwanz sogar um bis zu 23 Prozent. Im Frühjahr darauf hatten die Lurche ihre Verluste wieder mehr als kompensiert.

Um 20 Prozent geschrumpft

Unter Amphibien war das zeitweilige Einschrumpfen des Körpers bislang völlig unbekannt. Für das Phänomen gab es im Tierreich aber zuvor schon Beispiele. Meist sind die Tiere ungewöhnlich harten Umweltbedingungen und Futtermangel ausgesetzt. Zuletzt wurde das Ziehharmonika-Verhalten bei Meerechsen festgestellt, denen das Wetterphänomen El Niño vor der Westküste Südamerikas alle paar Jahre die Nahrung dezimiert. Die Leguane verlieren dabei bis zu zwanzig Prozent ihrer Körpergröße. Gleichwohl überleben viele Individuen die Warmwasserphasen nicht.

Schrumpft bei Nahrungsmangel: die auf den Galapagos-Inseln heimische Meerechse (Amblyrhynchus cristatus) © RAF-YYC / CC-by-sa 2.0

„Das Schrumpfen des Körpers könnte eine Anpassung sein, um mit langen Phasen geringen Futtterangebots fertigzuwerden“, analysiert Bendik in seiner Studie. Der Abbau von Fettreserven vor allem im Schwanz des Salamanders genüge offenbar nicht, um den widrigen Umweltbedingungen zu trotzen. „Für den weltweiten Niedergang der Amphibienpopulationen ist der Klimawandel eine treibende Kraft“, so Bendik. Gestiegene Temperaturen und häufigere Dürren setzten den Kriechtieren zu.

Für die skurrilen Salamander und alle anderen Arten lautet die Frage, ob sich die Spezies der veränderten Umwelt anpassen und dabei mit dem Tempo des Klimawandels mithalten kann.

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Kai Althoetmar
Stand: 15.05.2015

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Wandern, anpassen oder weichen?
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Zwischen Umzug und Sackgasse
Nicht alle Lebensräume lassen sich verschieben

Schrumpf-Lurche
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