Über die für die Erde interessante Klimafrage hinaus gibt es noch einen neuen, spannenden Aspekt der Heliosphärenforschung: Denn die auf die Erde einwirkenden astrophysikalischen Prozesse sind auch relevant für Planeten um andere Sterne, von denen heute rund 350 bekannt sind. Mit deren Entdeckung stellt sich wieder verstärkt die Frage nach möglichem Leben außerhalb der Erde und dessen Nachweisbarkeit. Gerade für die quantitative astrobiologische Forschung gewinnen solche Astrosphären zunehmend an Bedeutung.
Schutzzonen für Leben auf anderen Planeten
Alle Sterne, die wie die Sonne einen Wind treiben, sind von einer Astrosphäre umgeben. Unsere Heliosphäre ist prominentes Beispiel für solche „Schutzzonen“, die planetare Atmosphären vom interstellaren Medium abschirmen. Man darf Leben wie wir es kennen – wenn überhaupt – dann bevorzugt auf derart „geschützten“ Planeten erwarten. Es ist kaum vorstellbar, dass sich an die Existenz von flüssigem Wasser gebundenes Leben auf einem Planeten entwickeln kann, dessen Atmosphäre dem interstellaren neutralen Wasserstoff und der galaktischen kosmischen Strahlung ungeschützt ausgesetzt ist.
Leichterer Nachweis von „Biomarkern“
So wie Astrosphären eine mögliche Existenz von Leben signalisieren, können sie auch dessen Nachweisbarkeit durch Fernbeobachtungen beeinflussen. Dabei kann sich die Forschung das Vorhandensein bestimmter Biomarker (z.B. Ozon) in der Atmosphäre „geschützter“ Planeten zu Nutze machen. Die Häufigkeit von Biomarkern hängt von der durch die Astrosphäre bestimmtem Intensität der kosmischen Strahlung ab, die etwa einen Ozonabbau in einer Atmosphäre bewirken kann.
Das notwendige Zusammenspiel von Astrophysik, Planetologie, Atmosphärenphysik und auch Astrobiologie steht erst am Anfang. Doch es ist absehbar, dass astrophysikalische Einwirkungen auf planetare Atmosphären, insbesondere bei interstellar-planetaren Beziehungen, auch neue Impulse für die Suche nach extraterrestrischem Leben setzen werden. Somit steht die Heliosphärenphysik vor einer neuen Herausforderung – ihrem Transfer auf andere Sterne.
Horst Fichtner / aus RUBIN (Ruhr-Universität Bochum)
Stand: 04.06.2010