Schwarze Löcher sind definitionsgemäß schwarz, weil ihre Gravitation so groß ist, dass sie keinerlei Strahlung aussenden. Da ihnen selbst das Licht nicht entkommen kann, können wir sie nicht wahrnehmen. Um die Verwirrung komplett zu machen, haben Astrophysiker, allen voran Stephen Hawking, herausgefunden, dass Schwarze Löcher doch nicht schwarz sind, sondern eine gewisse Strahlung abgeben.
Kurze Lebenszeit für virtuelle Teilchen
Wie kann es sein, dass trotz der unvorstellbaren Gravitation, die alles festhält, immer noch Strahlung aus dem Schwarzen Loch entweicht? Dieses Phänomen kann nur quantenmechanisch erklärt werden. Das, was gemeinhin als Vakuum bezeichnet wird und das Weltall erfüllt, wimmelt auf subatomarer Ebene nur so vor Leben.
Hochenergetische Teilchen können zusammenprallen und kurzfristig neue Partikel samt zugehörigem Antiteilchen erschaffen, etwa Elektron und Positron. Diese Teilchen können überall im Raum vorhanden sein, existieren aber nur in extrem kurzen Zeitspannen, bevor sie sich wieder gegenseitig vernichten. Daher nennen die Physiker sie virtuelle Teilchen. Ein virtuelles Proton-Antiproton-Paar überdauert beispielsweise 10 hoch minus 24 Sekunden.
Virtuelle und reelle Teilchen
Diese virtuellen Teilchen können reell werden, wenn sie ausreichend Energie erwerben, zum Beispiel, wenn sie durch ein elektrisches Feld auseinander gezogen werden. Das gleiche passiert auch in der Nähe eines Schwarzen Loches. Die Gezeitenkraft kann ein virtuelles Teilchenpaar auseinander ziehen, so dass die Partikel genügend Energie erwerben. Ist der eine Partner näher am Schwarzen Loch, wird er hineingezogen und bleibt innerhalb des Horizontes zurück.
Dabei wird genug Energie frei, dass das andere Teilchen reell werden und dem Einflussbereich des Schwarzen Loches entkommen kann. Das Teilchen, das in das Loch fällt, hat einen negativen Energiebetrag, das andere Teilchen entwischt und kann positive Energie vom Loch wegtransportieren. Daher kann das Schwarze Loch also tatsächlich etwas abstrahlen und ist nicht vollständig „schwarz“.
Der Hawking-Effekt
Die Konsequenz dieses als Hawking-Effekt bekannten Phänomens ist, dass ein isoliertes Schwarzes Loch, das keinerlei Materie von einem benachbarten Stern ansammelt, regelrecht verdampfen kann. Die Hawking-Temperatur, mit der ein Schwarzes Loch strahlt, ist für kleine Löcher hoch und für massereiche niedrig. Große Schwarze Löcher, die durch den Kollaps massereicher Sterne entstanden sind, haben demnach eine Temperatur von nur einem millionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt. Das sind Temperaturen, die Wissenschaftler auf der Erde erst vor kurzem experimentell erreichen konnten.
Für diese Art von Schwarzen Löchern ist der Hawking-Effekt also vernachlässigbar. Da sie viel langsamer Energie abgeben, als sie durch die kosmische Hintergrundstrahlung beziehen, würde es Ewigkeiten dauern, bis sie verdampften. Nur wenn sich das Universum noch weitere 10 hoch 66 Jahre ausdehnen würde (was angesichts seines Alters von zurzeit rund 13,75 Milliarden Jahren eine unvorstellbar lange Zeitspanne ist), könnten Schwarze Löcher mit mehreren Sternmassen mit der Zeit verdampfen.
Die Strahlung, von der hier die Rede ist, lässt sich natürlich mit der von Sternen wie unserer Sonne überhaupt nicht vergleichen. Die Temperatur, die ein Schwarzes Loch besitzt und die Strahlung, die es abgibt, sind dermaßen winzig, dass sie nur für die theoretischen Überlegungen der Astrophysiker von Bedeutung sind.
Stand: 16.03.2001