Eine Strategie, mit wechselnden Bedingungen klarzukommen, ist es beweglich zu sein. Viele Bakterien haben Flagellen, das sind lange Zellfortsätze, mit denen sie aktiv schwimmen können. Sie können damit erstaunliche Geschwindigkeiten erreichen, zumindest wenn man diese in „Körperlängen je Sekunde (kls)“ misst. Dann erreichen die schnellsten Bakterien 400 bis 500 kls, ein Gepard im Spurt dagegen nur 20 kls.
Sensoren für die Umgebung
Zu jeder Art von Fortbewegung gehört die Aufnahme von Signalen aus der Umwelt, um in Richtung günstigerer Bedingungen zu schwimmen, zu schweben oder zu kriechen. Das gilt auch für Bakterien. So haben manche Bakterien Rezeptoren für Nahrungsstoffe, sie können damit Stoffgradienten in der Umwelt wahrnehmen und in Richtung höherer Nahrungskonzentration schwimmen. Man spricht hier von Chemotaxis.
Viele photosynthetische Bakterien besitzen Lichtrezeptoren, so dass sie Orte mit höherer Lichtintensität aufsuchen und dort durch Photosynthese mehr Energie gewinnen können. Diese Bewegung auf das Licht zu wird als positive Phototaxis bezeichnet. Doch es gibt auch den umgekehrten Fall, die negative Phototaxis: Zwar bekommen Bakterien keinen Sonnenbrand, UV-Licht ist für sie aber auch schädlich und kann Mutationen im Erbgut auslösen. Daher besitzen viele Bakterien auch Lichtrezeptoren für UV-Licht, um sich vor diesem in Sicherheit bringen zu können.
Mit Rezeptoren für Sauerstoff können manche Bakterien auch in Richtung höherer Sauerstoffkonzentrationen schwimmen (Aerotaxis). Und last, but not least besitzen einige Bakterien sogar die Fähigkeit, sich am Magnetfeld der Erde zu orientieren. Magnetospirillen beispielsweise tragen als Kompass Ketten aus winzigen Eisenoxidkristallen in sich.
Bewegen mit Gasbläschen und Schleim
Neben dem Schwimmen haben Bakterien weitere Formen der Beweglichkeit entwickelt. Dazu gehört die Synthese gasgefüllter Bläschen, die von vielen aquatischen Bakterien gebildet werden. Damit können diese Bakterien ihre Dichte regulieren und entweder an die Oberfläche von Gewässern schweben, wo es viel Sonnenlicht und Sauerstoff gibt. Oder sie können zu einer bestimmten Tiefe in Seen schweben, die insgesamt für ihren Stoffwechsel optimal ist. Eine weitere Form bakterieller Fortbewegung ist das Kriechen auf einer selbst produzierten schleimigen Unterlage, wie es viele auf dem Land lebende Bakterien beherrschen.
Aber auch wenn sich Bakterien gemessen an ihrer geringen Körperlänge beeindruckend schnell und weit fortbewegen können, sind es doch nur Millimeter bis Meter, die so aktiv zurückgelegt werden können. Das ist bei Weitem nicht genug, um den Widrigkeiten von wechselnden Umweltbedingungen entkommen zu können. Daher sind weitere Strategien vonnöten, um mit dieser Unsicherheit umzugehen.
Jörg Soppa, Universität Frankfurt/ Forschung Frankfurt