Phänomene

Schwungvoll attraktiv

Wie Männer Frauen wahrnehmen

In einer Reihe von psychophysischen Experimenten werden den Testpersonen Punkt-Licht-Darstellungen der Läufer vorgespielt. Sie sollen deren sexuellen Attraktivität bewerten. Frauen bekommen dabei zunächst nur männliche Läufer zu sehen, Männer nur weibliche. Die Ergebnisse sind überraschend.

Frau im BioMotionLab © RUBIN

Die Testpersonen werden darüber informiert, dass sie zunächst nur Darstellungen des anderen Geschlechtes sehen und aufgefordert, die sexuelle Attraktivität jedes Einzelnen auf einer Skala von 1 gar nicht attraktiv) bis 6 (sehr attraktiv) zu bewerten.In einem zweiten Versuchsblock werden den weiblichen Versuchspersonen Frauen gezeigt und den männlichen Männer. In diesem Fall lautet die Aufgabe: „Bewerten Sie die Läufer danach, wie attraktiv sie ihrer Meinung nach auf das jeweils andere Geschlecht wirken“. Mit Hilfe dieser Daten werden in einem Bewegungsraum Achsen charakterisiert, welche die Bewertungen am besten beschreiben. Diese Achsen können dann wieder visualisiert und auf ihre Eigenschaften untersucht werden.

Wenn Männer über die Attraktivität von Frauen befragt werden, finden wir im Wesentlichen die bereits beschriebene Geschlechterachse wieder. Eine unattraktive Frau gleicht einem Mann, zeigt dessen breite Schultern und die laterale Bewegung des Oberkörpers. Eine attraktive Frau hingegen bewegt sich typisch weiblich: Sie unterscheidet sich in allen Merkmalen klar vom Mann, ist schmal, zeigt beim Gehen praktisch keine seitlichen Oberkörperbewegungen, dafür aber einen ausgeprägten, der Bewegung der Füße entgegengesetzten Hüftschwung.

Zudem fällt ein neues Merkmal auf, welches nicht zum Repertoire der natürlichen Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Bewegungen gehört, aber ebenfalls vor dem Hintergrund der Eigenschaft „Raum einnehmen“ (beziehungsweise nicht einnehmen) interpretiert werden kann: Eine für Männer attraktive Frau macht Schritte, bei denen ihre Füße eng nebeneinander auftreten. Überspitzt man dieses Merkmal, dann erhält man den typischen „cat walk“, mit dem professionelle Models über den Laufsteg schreiten. Beide Füße werden dabei auf einer geraden Linie aufgesetzt und können sich im Extremfall sogar überkreuzen.

Zeigt man den weiblichen Versuchspersonen die Punkt-Licht-Darstellungen ihrer Geschlechtsgenossinnen und befragt sie darüber, wie attraktiv diese ihrer Meinung nach auf Männer wirken, fanden die Forscher ein ganz anderes Muster:

Ergebnisse der Befragung © RUBIN

Attraktivität wird nicht mehr mit der beschriebenen Weiblichkeit verbunden, sondern drückt sich durch schwungvolles, aufrechtes und entspanntes Gehverhalten mit einem großen Anteil an vertikalen Bewegungen aus. Eine unattraktive Frau ist nicht etwa eine männlich wirkende, sondern eine, die sich angespannt und verkrampft bewegt und dabei wenig vertikale Bewegungskomponenten zeigt.

Es gibt also einen deutlichen Unterschied zwischen dem, was Männer attraktiv finden und dem, wovon Frauen meinen, was Männer attraktiv finden. Über die Attraktivität männlicher Läufer fällt das Urteil wesentlich einheitlicher aus: Frauen und Männer bewerten eine Komposition aus Schwung, Kraft und Entschlossenheit als attraktiv.

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Stand: 11.06.2004

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Was der Gang verrät...
Bewegungsmuster: Von „Cat Walks“ und Westernhelden

Facts
Das Wichtigste in Kürze

Vom bewegten Sehen
Der „Augentrick“

Tanzende Punkte
Erfassung der Bewegung

Das Bewegungspuzzle
Wie der Code entschlüsselt wird

Gehende Klischees
Was Mensch und Tier verbindet

Schwungvoll attraktiv
Wie Männer Frauen wahrnehmen

Gehen mit Gefühl
Ein bewegter Ausblick

Bewegungs-Experiment
"Vorwissen" über Raum, Zeit und Gravitation

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