Die Wissenschaftler am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung untersuchen neben Quallen auch andere potenzielle Eiweißspender aus dem Meer – auf ihren Nutzen für die Ernährung hin und auch auf die Möglichkeit, sie in Aquakultur zu züchten.
„Ginseng der Meere“
Dabei rücken auch Seegurken, von denen es rund 1.700 Arten gibt, in den Blick der Forscher. Die walzenförmigen Stachelhäuter können über drei Meter lang werden und kommen in allen Meeren von der Arktis bis in die Tropen vor. Und auch sie sind essbar: In Südostasien sind sie zum Beispiel als Einlage in Suppen und Eintöpfen so beliebt, dass manche Arten bereits überfischt sind.
Dort werden sie als „Ginseng der Meere“ bezeichnet: reich an Proteinen, Spurenelementen und Stoffen, denen heilende Wirkung zugesprochen wird. So enthalten Seegurken unter anderem Chondroitinsulfat, das gegen Arthrose wirken soll. Auch der europäischen Küche sind sie nicht ganz fremd. In Katalonien werden sie Espardenyes genannt und als kostspielige Delikatesse von Sterneköchen auf vielfältige Weise zubereitet.
Seegurken durchwühlen den sandigen Meeresboden nach Nahrung wie Detritus oder Mikroalgen, verschlingen das Sediment, verdauen die organischen Bestandteile und scheiden den Sand dann wieder aus. Das hat ihnen den Spitznamen „Staubsauger der Meere“ eingehandelt. Diese Gewohnheit macht sie jedoch besonders wertvoll für eine Form der Aquakultur, die ökologische Probleme wie Verschmutzung der Umwelt durch nährstoffreiche Abwässer zu umgehen versucht.
Algen als Nahrung für Mensch und Fisch
Ein weiterer Kandidat für Zukunftsnahrung aus dem Meer sind Algen, denn auch sie weisen ein sehr breites Spektrum an nützlichen Inhaltsstoffen auf. In Asien sind sie längst fester Bestandteil der Ernährung und auch bei uns werden Algenprodukte allmählich bekannter. Der große Vorteil: Weil sie Photosynthese betreiben, benötigen sie zum Wachsen kaum mehr als Sonnenlicht und ein paar Nährstoffe. Gleichzeitig binden sie CO2 und tragen damit sogar zum Klimaschutz bei.
Weil einige Algenarten auch viel Protein enthalten, lassen sie sich sogar als Basis für ein vegetarisches Fischfutter nutzen. In ersten Versuchen ist es schon gelungen, Lachse, Forellen und andere Raubfische an Futter aus vorwiegend pflanzlichen Proteinen zu gewöhnen. Sie kommen dadurch fast ohne Fischmehl aus – was den Fangdruck auf die Futterfische verringert.
Grüner Kaviar – ein besonderes Gaumenerlebnis
Am ZMT wird an der Algenart Caulerpa lentillifera geforscht, die umgangssprachlich „Meerestraube“ oder auch „Grüner Kaviar“ genannt wird. Die kleinen, runden Kugeln, die an einer Rispe hängen, schmecken leicht salzig und zerplatzen im Mund wie Kaviar. Sie stecken voller Proteine, Mineralstoffe, Antioxidantien und mehrfach ungesättigter Fettsäuren. Die im Indopazifik heimische Alge ist in Südostasien als Beilage sehr gefragt. Mittlerweile findet man ihn vereinzelt auch schon in Deutschland, dann aber zumeist in der länger haltbaren, entwässerten Form.
Gegessen wird grüner Kaviar aber am besten frisch, zum Beispiel in Salaten oder als Beilage zum Sushi. In Kooperation mit Algenfarmern testen die Forscher des ZMT zurzeit in Vietnam den Einsatz dieser Alge in der integrierten Aquakultur.