Es ist das Jahr 1964. Der Ort des Geschehens: Holmdel in New Jersey, eine ganz normale amerikanische Kleinstadt. Hier, im Speckgürtel der Metropole New York, hat die Technologiefirma Bell Labs eine neuartige Radioantenne entwickelt und aufgebaut. Das 15 Meter lange Konstrukt aus Stahlträgern mit einer Aluminiumhülle ähnelt einem eckigen, auf der Seite liegenden Trichter. An dessen schmalem Ende steht das Herzstück der Anlage: der mit flüssigem Helium gekühlte 7,35-Zentimeter-Empfänger.
Ein „Ohr“ für die Milchstraße
Ursprünglich diente diese Radioantenne dazu, von Aluminium-Ballons zurückgeworfenen Radiosignale einzufangen. Doch nun wollen der Astronom Arno Penzias und sein Kollege Robert Wilson das neuartige System für die astronomische Forschung nutzen. Ihr Ziel: Die Radioemissionen der Milchstraße und im Speziellen ihren galaktischen Halo zu analysieren.
„Die Antenne war klein, aber genau deshalb war sie sehr gut dazu geeignet, ausgedehnte Objekte am Himmel abzutasten“, erinnert sich Penzias. Die trichterförmige Hornantenne schirmt seitliche Störsignale gut ab und ist zudem sehr leicht zu kalibrieren. Und noch einen Vorteil hat sie: Sie registriert Radiowellen in einem sehr breiten Wellenlängenbereich und erlaubt es, deren Intensität zu messen. Damit ist sie optimal dafür geeignet, schwache, weit verteilte Radiosignale zu detektieren.
Rauschen aus allen Richtungen
Für ihre Messungen richten die Astronomen die Antenne zunächst auf möglichste leere Regionen am Himmel, um einen Referenzwert zu bekommen. Denn dort, wo keine bekannten Radioquellen sind, müsste der Kosmos still sein – so jedenfalls ihre Annahme. Doch die Radioantenne belehrt sie eines Besseren: Egal wohin der Radiodetektor zeigt – immer ertönt ein seltsames Summen, eine Art Grundrauschen. „Es lag etwa bei einem Plus von 0,4 Dezibel, das entspricht einem Temperatur-Überschuss von 7,5 Kelvin“, erinnert sich Wilson.
Doch woher kommt diese überschüssige Radiostrahlung? Gut ein Jahr lang lassen Penzias und Wilson nichts unversucht, um die Quelle des vermeintlichen Störrauschens zu finden und es zu beseitigen. Aus ihren Messungen ist ihnen bereits klar, dass es keine Strahlung aus der Milchstraße oder von einer anderen extraterrestrischen Radioquelle sein kann. Denn diese müsste sich je nach Ausrichtung der Antenne ändern. Das aber ist nicht der Fall.
Weder Störfunk noch Taubendreck
Die Astronomen vermuten als nächstes eine irdische Quelle, beispielsweise militärische Aktivitäten oder die nahe Metropole New York. „Doch als wir unsere Antenne auf New York richteten oder in irgendeine andere Richtung nahe dem Horizont, zeigten die Werte nie mehr als die normale thermische Ausstrahlung der Erdoberfläche“, berichtet Wilson.
Und auch ein weiterer Kandidat erweist sich als unschuldig: Taubenkot. Denn der geschützte Trichter der Antenne ist bei den Tauben der Umgebung als Brutplatz beliebt. Entsprechend häufig finden sich ihre Hinterlassenschaften auf der Metallhaut der Antenne. Aber selbst das beharrliche Säubern der Antenne hilft nichts: „Die Tauben verließen uns, aber das Geräusch blieb und kam weiterhin aus jeder Richtung“, so Penzias. „Die große Frage war dann: Was sollten wir damit tun?“
Nadja Podbregar
Stand: 21.04.2017