Grundlegender Bestandteil des europäischen Programms GASH (Gas Shales in Europe) sind neben dem Aufbau einer Schwarzschiefer-Datenbank insgesamt elf größere Forschungsprojekte. In ihnen geht es beispielsweise um tektonische Modelle, Wanderungsprozesse des Erdgases oder die seismische Analyse von Shale Gas–Vorkommen.
Detektivarbeit im Keller der Erde
Welche tektonischen Bedingungen und Sedimentcharakteristika begünstigen die Bildung und das „Einfangen“ von unkonventionellem Erdgas? Wie heilen künstliche erzeugte Bruchstellen in den unterirdischen Tonsteinpaketen? Welche Rolle spielen Bakterien bei der Shale Gas-Erzeugung? Dies sind nur einige von vielen Fragen auf die die GASH Forscher in den nächsten sechs Jahren eine Antwort finden wollen.
Die Detektivarbeit im Keller der Erde soll am Ende dabei helfen, vielversprechende Schwarzschieferschichten in Europa zu identifizieren, in denen sich die Förderung von Shale Gas lohnen könnte. Endgültigen Aufschluss darüber können dann aber erst Probebohrungen liefern.
Nie wieder abhängig von Gasimporten?
Kann der europäische Shale Gas-„Schatz“ tatsächlich irgendwann wenigstens ansatzweise gehoben werden, wäre Europa auf einen Schlag einen Teil seiner Sorgen in Sachen Energiesicherheit los. Und noch ein Vorteil: Das Shale Gas würde Deutschland und die anderen Länder aus der Abhängigkeit der wenigen mächtigen Erdgas exportierenden Staaten wie Russland weitestgehend befreien.
„Die Europäer müssen hoffen, dass diese Shales dasselbe für sie tun, wie die Shales im Osten der Vereinigten Staaten für die US-amerikanische Energieversorgung“, erklärte Don Hertmark, ein Öl und Gas-Fachberater in Washington im Jahr 2008 in der International Herald Tribune. Und weiter: „Das würde die Preise, die die Russen vom Endverbraucher in Europa verlangen können, deutlich reduzieren.“
Pilotprojekte laufen bereits
Einige Firmen sind bei der Erkundung von Shale Gas-Vorkommen längst zu Vorreitern geworden. So wie der österreichische Erdöl- und Erdgaskonzern OMV, der sich dabei im Moment vor allem auf das Wiener Becken konzentriert. „Wir haben mit Shale Gas-Projekten begonnen, aber wir sind noch in der ersten Phase der Auswertung“, sagte die OMV-Sprecherin Christa Hanreich in der gleichen Ausgabe der Zeitung.
Trotz aller Euphorie und aller Aktivitäten wird es daher wohl noch Jahre dauern, bis die europäischen Shale Gas-Quellen zu „sprudeln“ beginnen – vorausgesetzt sie erweisen sich überhaupt als wirtschaftlich nutzbar. Dies glaubt zumindest Alastair Syme, Energieexperte beim Finanzdienstleistungsunternehmen Merrill Lynch & Co in London: „Es handelt sich noch um ein sehr embryonales Stadium im Vergleich zu den Vereinigten Staaten. Es ist eine Geschichte für die Mitte des nächsten Jahrzehnts, nicht für sofort.“
Stand: 10.10.2008