Umweltschutz ist nach wie vor populär in Deutschland. Das wissen auch die Erdöl- und Erdgaskonzerne. Organisationen wie Greenpeace, NABU oder WWF wachen zudem mit Argusaugen darüber, ob neue Projekte für Schäden in der Natur sorgen könnten oder ob bei laufenden Vorhaben alle Umweltauflagen durch die beteiligten Konsortien eingehalten werden. RWE Dea und Co haben sich deshalb Begriffe wie Nachhaltigkeit oder Umweltverträglichkeit auf die Fahne geschrieben und werden nicht müde, diese im Zusammenhang mit der Suche nach Rohstoffen immer wieder zu betonen.
Und einiges ist auch dran an den Argumenten der Erdöl- und Erdgasindustrie. Zum Beispiel die künstliche Förderinsel Mittelplate im Wattenmeer der Nordsee: Um das fragile Ökosystem so gut wie möglich vor Verunreinigungen durch das „schwarze Gold“ zu schützen, hat man die Anlage fast vollständig von der Umgebung abgeschottet. So kann beispielsweise keinerlei Flüssigkeit unkontrolliert aus der künstlichen Insel nach außen gelangen, nicht einmal Regenwasser. Auch sonst hat das Betreiber-Konsortium zumindest nach eigenen Angaben alles nur Erdenkliche zum Schutz der Umwelt getan.
Für das Abwasser der Förderinsel steht eine Kläranlage zur Verfügung. Trotzdem wird das gereinigte H2O gesammelt und zusammen mit den Abfällen an Land entsorgt. So genanntes Lagerstättenwasser aus der Erdölförderung wird „recycelt“ und in Form eines geschlossenen Kreislaufs wieder in das Ölfeld injiziert. Mit dem Öl nach oben gelangtes Gas nutzt man auf der Mittelplate, um Energie zu erzeugen. Überschüssiger Strom aus den Gasturbinen soll in Zukunft über ein Kabel an Land in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden.
Der Öltransport selbst erfolgt zudem mithilfe von antriebslosen doppelwandigen Spezialschiffen, die von Schleppern in einen Bohrinsel eigenen Hafen manövriert werden. Er ist während der Beladung komplett vom freien Wasser der Nordsee abgeschottet. Sollte es zu einem Unfall beim Betanken kommen, bleibt das ausgelaufene Öl innerhalb der „eigenen vier Wände“ und kann problemlos entsorgt werden.
Restrisiko bleibt
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Doch trotz aller Vorsichtsmaßnahmen bleibt immer ein erhebliches Restrisiko, wenn Erdöl im Spiel ist. Dies haben nicht zuletzt Tankerunfälle wie bei der Exxon Valdez oder der Prestige gezeigt. Und auch andere Beeinträchtigungen der Natur – etwa im August 2003 durch Tiefflieger im direkten Zusammenhang mit dem Ausbau der Mittelplate – lassen sich nicht vermeiden. Auch der monströse Schwimmkran der durch das Wattenmeer schipperte, um auf der Mittelplate eine Neues „Hotel“ für die Mannschaft zu bauen, in dem jetzt 96 statt 69 Mann Besatzung leben können, sorgte für Störungen beispielsweise unter den brütenden Vögeln.
Unabhängige geomorphologische Untersuchungen und ein Biomonitoring haben aber gezeigt, dass sich die Schäden in der Natur durch den Bau und den Betrieb der Bohrplattform in Grenzen halten. Fischfauna und Vogelwelt, so scheint es, haben sich an die Mittelplate gewöhnt.
Stand: 24.06.2005