Für die Desertifikation werden oft Nomaden, die mit ihren Rinder-, Ziegen- oder Kamelherden vor allem in den Wüstenrandgebieten umherziehen, verantwortlich gemacht. Aufgrund ihrer großen Zahl an Rindern bleibe „nichts als verwüstetes Land“ hinter ihnen übrig.
Aufgrund eigener Untersuchungen im Sudan kommt der Bayreuther Geograph Fuad Ibrahim jedoch zum gegenteiligen Ergebnis. Er hält die nomadische Viehhaltung für die am besten abgepaßte Nutzungsweise in der Wüstenrandzone. Häufig wird der Nomadismus inzwischen sogar als besonders umweltfreundlich angesehen. Dies liegt vor allem an der großräumigen Nutzung der Wüstenrandgebiete.
Die Tuareg im Niger oder in Mali legen im Laufe eines einzigen Jahres auf ihren Wanderungen mehr als eintausend Kilometer zurück. Einige Nomadengruppen verfügen sogar über Reservegebiete, die in „normalen“ Jahren nicht beweidet, sondern erst bei einer Dürre aufgesucht werden. Dies verhindert, daß die bisher beweideten Flächen übernutzt werden müssen und es als Folge zur Verwüstung kommt.
Ganz anders dagegen verhalten sich die seßhaften Bauern. Ihre Tiere grasen meistens im näheren Umkreis der Dörfer. Zudem wird wegen des Brennholzbedarfes die Vegetation vorgeschädigt. Wenn dann eine Dürre eintritt und die letzten Bäume und Sträucher kahlgefressen und abgeholzt werden, kommt es zur Desertifikation. Ein weiterer Vorteil der nomadischen Viehhaltung liegt in der vielfältigen Zusammensetzung der Herden.
Die letzten echten Nomaden im südlichen Tunesien halten beispielsweise Schafe, Ziegen und Kamele gleichzeitig. Diese Tiere haben ganz unterschiedliche Weideverhalten. Während die Ziegen auch Blätter und Zweige von Büschen fressen und Kräuter häufig mit Wurzeln ausreißen, fressen Schafe nur zarte Grashalme und Kräuter. Die Pflanzen wachsen dabei in kurzer Zeit nach. Kamele dagegen wagen sich auch an scheinbar unverdauliche Dornenbüsche oder an die Blätter des Feigenkaktus.
Häufig wird den Nomaden unterstellt, sie verfügten über keine klaren Besitzverhältnisse an den Weideflächen, und niemand fühle sich daher für ihren Erhalt verantwortlich. Zumeist ist genau das Gegenteil der Fall. Selbst für scheinbar noch so verlassene Wüstengebiete existieren im traditionellen Recht durchaus Eigentumstitel, und keine als Weide nutzbare Fläche bleibt ohne einen Besitzer. Dürfen sich die Nomaden so verhalten, wie sie es jahrhundertelang erfolgreich getan haben, scheint der Nomadismus eine sehr umweltverträgliche Wirtschaftsweise zu sein.
In Algerien jedoch haben die französischen Kolonialherren den Nomaden im Atlasgebiet ihre guten Weidegebiete abgenommen, um daraus Weizenfelder zu machen. Die Nomaden wurden auf schlechtere und viel zu kleine Flächen verbannt. Wollten sie nicht ihre Herde töten und damit die eigene Lebensgrundlage vernichten, mußten sie die neuen Gebiete übernutzen und zwangsläufig zerstören.
Ebenso ergeht es noch heute Tuareg- oder Peul-Nomaden in den Sahelländern. Von guten Weidegebieten werden sie vertrieben. Auf viel zu kleinen und ökologisch besonders labilen Flächen am Rande der Wüste drängen sich dann zu viele Tiere der Nomaden. Dort aber, wo die Wanderviehwirtschaft umweltverträglich vonstatten gehen könnte, da werden Hirse, Baumwolle oder Erdnüsse – zum Teil für den Export – angebaut.
Stand: 22.02.2002