In den Amöben oder verzweigten Auswüchsen des Schleimpilzes ist kein Platz für ein großes Gehirn oder ein Nervensystem. Dennoch zeigt dieser Organismus Eigenschaften, die wir auch uns Menschen zuschreiben würden, wie etwa das Erinnern oder Lösen von herausfordernden Aufgaben. Wie ist das möglich?

Netzwerke der Erinnerung
Es hat sich bereits gezeigt, dass der Schleimpilz über Netzwerke aus feinen Kanälen seine Umgebung nach Futter abtasten und sich je nach Nahrungsvorkommen weiter ausbreiten kann. Doch sein Können geht noch darüber hinaus, denn er kann sich gute Futterstellen auch merken: Die Muster, die bei der Suche nach Nahrung im verzweigten Schleimpilzkörper entstehen, bleiben über einen längeren Zeitraum erhalten. So kann der Pilz auch später noch Informationen über seine Umgebung abrufen, die in der Architektur seines Netzwerkes gespeichert sind.
Das natürliche Habitat der Schleimpilze ist dunkel und feucht, er bevorzugt vor allem lichtarme Lebensräume. Auch dabei verfügt dieser Organismus über eine Art Erinnerungsvermögen: In Experimenten bestrahlten Forschende einen Schleimpilz dreimal in Abstand von einer Stunde mit Licht, der daraufhin jedes Mal seine Kriechbewegungen einstellte. Nachdem eine vierte Stunde vergangen war, bestrahlten sie ihn nicht. Dennoch stoppte der Schleimpilz seine Bewegungen. „Er hatte sich die Bestrahlung also gemerkt“, berichtet Döbereiner.
Informationen schwingen weiter
Dieses Erinnerungsvermögen hängt offenbar mit der Flüssigkeit in den Netzwerken des Schleimpilzes zusammen. Die Adern sind mit Zellflüssigkeit gefüllt und transportieren Nährstoffe und Botenstoffe. Je stärker diese Flüssigkeit durch die Adern strömt, desto größer werden die Kanäle. Die Schwingungen der Flüssigkeit zeigen dabei überraschende Parallelen zur Informationsübertragung im Gehirn, die mithilfe von elektrischen Signalen funktioniert. Denn auch dort wird eine Verbindung zwischen Neuronen umso stärker, je größer der Reiz von außen ist.