Die Frage nach dem Sinn des Träumens ist schon Jahrhunderte alt – und noch immer unbeantwortet. Schon in der Antike standen sich hier zwei entgegengesetzte Auffassungen gegenüber: Während Plato in Träumen einen Ausdruck unterdrückter Begehren und Wünsche sah – und damit Sigmund Freud quasi vorwegnahm – waren Träume für Aristoteles bloße Relikte von Wacheindrücken: „Wie kleine Strudel, die in Flüssen entstehen…oft so bleiben, wie sie zu Beginn waren, oft aber miteinander kollidieren und so neue Formen annehmen.“
Genau diese beiden grundsätzlichen Positionen finden sich bis heute auch in der Traum- und Schlafforschung. Während für einige Wissenschaftler auch die Trauminhalte eine biologische Funktion haben, ist der Traum für andere ein bloßes Relikt der Evolution. Sein Inhalt sei daher, so meinen sie, völlig irrelevant und allerhöchstens ein Nebenprodukt der parallel dazu ablaufenden Gehirnprozesse.
Träumen, um zu erinnern oder zu vergessen?
Dieser Ansicht ist auch der durch die DNA-Struktur bekannt gewordene Molekularbiologe Francis Crick. Er entwickelte gemeinsam mit Margaret Mitchison die Theorie, dass der Traumschlaf eine Art „Selbstreinigungsversuch“ des Gehirns darstellt. Während des von der Außenwelt abgeschotteten Traumschlafs nutzt das Gehirn die Gelegenheit, überschüssige, „abgenutzte“ Bilder, Erinnerungen oder Assoziationen zunächst aufzurufen und dann aus seinem Speicher zu löschen. Dieses „reverse Lernen“ soll, so Crick, ein „Überlaufen“ des neuronalen Netzes verhindern und Platz für Neues schaffen. Der Inhalt der dabei aktivierten Traumbilder sei dabei allerdings eher unwichtig.
Eine ähnliche Hypothese vertritt der amerikanische Schlafforscher Robert Stickgold. Für ihn dient der Traumschlaf dazu, Eindrücke aus dem Arbeitsspeicher des Gehirns zu verarbeiten und in das Gedächtnis zu integrieren. Dieser Prozess läuft in zwei Schritten ab: Während des Tiefschlafs „überspielt“ der Hippocampus, die Hirnregion, in der die noch frischen Tageseindrücke zwischengelagert werden, seine Informationen an die Großhirnrinde, den Sitz des Langzeitgedächtnisses.