Voraussichtlich am 3. September 2003 wird die ESA-Raumsonde „SMART-1“ mit einer Ariane-5 zum Mond starten und damit eine neue Ära der europäischen Mondforschung einläuten. Die kaum kühlschrank-große Raumsonde ist die Nr. 1 in einer Reihe von Missionen, die neue Technologien erproben und auf kostengünstigem Wege interessante Ergebnisse liefern soll. SMART steht für „Small Missions for Advanced Research in Technology“; die SMART-Missionen sollen helfen, zentrale Großprojekte der ESA vorzubereiten. „SMART-1“ ist die erste europäische Forschungssonde, deren Antriebsenergie von einem Ionentriebwerk, einem solar-elektrischen Antrieb, geliefert wird.
Die NASA stützte sich bereits bei der planetaren Mission Deep Space 1 (gestartet 1998) auf einen solchen Antrieb, die ESA setzte ihn im Erdorbit beim Satelliten Artemis (gestartet 2001) ein und möchte ihn vor allem für die künftigen Missionen Solar Orbiter (Sonnenorbiter) und BepiColombo (zum Merkur) testen, die beide erst in mehreren Jahren beginnen werden. Die Startrakete trägt die Raumsonde in eine elliptische Erdumlaufbahn. Dort wird sie durch das Ionentriebwerk ganz langsam beschleunigt. Erst nach ca. 16 Monaten Flugzeit und mit Hilfe einer komplizierten Manövriertechnik wird die Sonde ihr Ziel, den Mondorbit, erreichen. Sie soll den Mond sechs Monate lang umkreisen und erforschen.
Mondforschung wieder von Interesse
„SMART-1“ ist auch die erste europäische Raumsonde, die Mondforschung betreiben wird. Mondforschung rückt zunehmend wieder ins Interesse der Weltraumagenturen. Die Apollo-Missionen der NASA brachten Mondgestein vor allem aus der Äquatorregion der Mondvorderseite zur Erde. Die geologische Geschichte aller anderen Mondregionen muß erst noch entschlüsselt werden. Mit Hilfe der gemessenen Daten könnte auch die zur Zeit in der Wissenschaft allgemein akzeptierte Theorie über die Entstehung des Erde-Mond-Systems – durch den Zusammenprall eines marsgroßen Himmelskörpers mit der Urerde in der Frühzeit unseres Sonnensystems – bestätigt oder widerlegt werden. Besonders interessant für eine künftige Nutzung des Mondes dürfte die Suche nach Wassereis sein. Vorgängermissionen (Clementine und Lunar Prospector) hatten vor
Jahren Hinweise auf Eis an den Mondpolen gefunden. „SMART-1“ soll die Existenz und Verteilung des Eises endgültig bestätigen.
An Bord von „SMART-1“ befindet sich eine wissenschaftliche Nutzlast von 15 kg. Eins der zehn Instrumente ist das 2,3 kg schwere, im Katlenburg-Lindauer MPAE auf der Grundlage eines käuflichen Laborgeräts entwickelte IR-Spektrometer SIR (SMART-1 Infrared Spectrometer). Es deckt den Wellenlängenbereich von 900 bis 2400 nm mit einer weitaus größeren Genauigkeit als die genannten Vorgängermissionen ab (spektrale Auflösung 60 nm) und könnte der Prototyp für viele auf späteren Planetenmissionen eingesetzte Spektrometer im IR-, UV- und im sichtbaren Wellenlängenbereich werden. Mit diesem Gerät sollen eine mineralogische Karte der Mondoberfläche erstellt und selbst in dunklen Kratern unter Staub verborgenes Wassereis aufgespürt werden.
Stand: 29.09.2003