Fast 200 Millionen Tonnen Kochsalz werden im Jahr weltweit produziert und verarbeitet. Nur ein Bruchteil davon, etwa drei Prozent, landet auf den Tellern der Verbraucher. Den Großteil verbraucht die chemische Industrie, wobei das Salz zur Herstellung von mehr als 10.000 verschiedenen Produkten eingesetzt wird.
Wasch- und Reinigungsmittel, Farbstoffe, PVC und Kunststoffe, Seife oder Cellulose – alle diese alltäglichen Gebrauchsgegenstände sind ohne den Rohstoff Salz undenkbar. Salz wird aber auch zur Konservierung von Därmen, zur Herstellung von Kraftfutter und Lecksteinen oder zur Erneuerung des Wasserenthärters in Spülmaschinen verwendet. Als Streusalz schließlich gelangt es im Winter auf unsere Straßen, ja es wird sogar bei Erdölbohrungen als Spüllauge eingesetzt.
Soda aus Kochsalz
Damit das Natriumchlorid für industrielle Zwecke nutzbar ist, muss es meist in Soda, Chlor oder Natronlauge umgewandelt werden. Noch vor rund zwei hundert Jahren war dies technisch unmöglich. Den damals dringend vor allem für Waschmittel benötigten Stoff lieferten lediglich natürliche Quellen.
Um die Sodaproduktion anzukurbeln, lobte die französische Akademie der Wissenschaften Ende des 18. Jahrhunderts deshalb einen Geldpreis für denjenigen aus, der ein Patent zur Herstellung von Soda aus Natriumchlorid entwickeln würde.
Der Chemiker Nicolas Leblanc war es schließlich, dem 1791 der große Coup gelang. Sein Verfahren bestand aus mehreren Teilschritten. Zunächst musste das Kochsalz mit Schwefelsäure erwärmt werden, wobei sich Natriumsulfat und Chlorwasserstoff bildeten. Anschließend wurde das Natriumsulfat mit Kohle und Kalk weiterverarbeitet. Über das Zwischenprodukt Natriumsulfid entstanden schließlich Soda und das Abfallprodukt Calciumsulfid.
Neue Ära der chemischen Industrie
Den Geldpreis bekam Leblanc für seine Erfindung zwar nicht, doch er gilt bis heute als derjenige, der die chemische Industrie revolutioniert und auf den Weg in eine neue Ära gebracht hat.
Vor allem in England schossen in der Folge Sodafabriken wie Pilze aus dem Boden und nahmen die Produktion auf. Sie sorgten dafür, dass der Sodapreis zu Beginn des 19. Jahrhunderts innerhalb weniger Jahre auf ein Neuntel des ursprünglichen Betrages sank. Doch nicht nur die Industrie profitierte von dem neuen Verfahren, auch für die Menschen brachte die Erfindung Vorteile mit sich. Seife und Waschmittel gehörten schon bald in jedem Haushalt zum Standard und sagten den Krankheitserregern den Kampf an. Die durchschnittliche Lebenserwartung stieg deshalb in kürzester Zeit rapide an.
Heute wird Soda in einem technisch aufwändigen Verfahren erzeugt, das auf der Nutzung von gesättigter Sole basiert, und nicht nur preiswerter ist, sondern auch ein hochwertigeres Endprodukt liefert. In seinen Grundzügen erdacht hat es der Belgier Ernest Solvay bereits in den 1860er Jahren. Neben Kochsalz benötigt man dabei für die Sodaherstellung nur noch Kalk.
Und es entstehen im Verarbeitungsprozess auch keine brisanten Abfallstoffe wie Chlorwasserstoff oder Calciumsulfid mehr, die vor rund 200 Jahren in der Nähe der Fabriken, die nach dem Leblanc’schen Verfahren arbeiteten zu einer Gefahr für Mensch und Natur wurden.
Stand: 02.06.2003