Bei aller Genügsamkeit, eines brauchen Algen in rauen Mengen: Licht. Algen absorbieren das gesamte Sonnenlicht an der Oberfläche, so dass es schon in wenigen Millimetern Tiefe dunkel ist. Keine Chance zu Überleben für Zellen, die in tieferen Schichten dümpeln. Um Mikroalgen für industrielle Zwecke in großen Mengen züchten zu können, haben Wissenschaftler daher Photobioreaktoren entwickelt, eine Art „Whirlpool und Solarium“ für die Winzlinge.
Im Unterschied zur Zucht in offenen Teichanlagen, befinden sich die Algen hier in geschlossenen Glasrohrsystemen. Sie werden mit ihrer Nährlösung permanent durch die Rohre gepumpt und können das Sonnenlicht so optimal zur Photosynthese nutzen. Kohlendioxid und Mineralsalze werden je nach Sonnenintensität zugeführt. In Klötze, Sachsen-Anhalt, eröffnete Mitte 2000 die weltweit erste geschlossene Algenzuchtanlage. Die Preussag AG und das Institut für Getreideforschung in Bergholz-Rehbrücke bei Potsdam, das bereits seit 20 Jahren Mikroalgen erforscht, entwickelten das Verfahren. Inzwischen produziert die Anlage der Firma „Ökologische Produkte Altmark“ in ihren 500 Kilometer langen Rohren 130 Tonnen Algenpulver im Jahr und deckt damit fünf Prozent der Weltproduktion ab.
Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) in Stuttgart haben die Technik noch verfeinert. Sie versetzen die Algen mit Hilfe von Gasblasen in eine schlaufenartige Bewegung, so dass sie alle zehn Sekunden ans Licht kommen. Dieser „Blitzlichteffekt“ reicht den Algen vollkommen, um Photosynthese zu betreiben. Denn nur im ersten Schritt der Photosynthese brauchen sie Licht, um daraus chemische Energie zu gewinnen. Im zweiten Schritt produzieren sie Zucker aus Kohlendioxid, unabhängig von der Lichtzufuhr. Die Algenproduktion im Bioreaktor erreicht so 200 Tonnen pro Jahr und Hektar. Bei Raps liegt diese Zahl im Vergleich dazu bei 10 bis 20 Tonnen. Diese Variante des Photobioreaktors benötigt nur ein Zehntel der Energie im Vergleich zu Anlagen, in denen die Algenlösung ständig durch die Rohre gepumpt wird. Auch die Investitionskosten sind niedriger, da die Reaktorteile aus preiswerter Kunststofffolie statt Glas bestehen. Um sich auf dem Markt durchzusetzen, ist es sehr wichtig, Algen vor allem kostengünstig zu produzieren.
Die Algenzucht in geschlossenen Rohrsystemen hat eine Reihe von Vorzügen. Die optimalen Wachstumsbedingungen sorgen für eine gleichbleibende Qualität der Algen, Schadstoffe und Verunreinigungen werden fern gehalten. Mit diesen großen Mengen qualitativ hochwertiger Algen können ihre Wirkstoffe auch besser untersucht werden. Außerdem ist es möglich, die Wachstumsbedingungen gezielt zu beeinflussen, um die Algen zur Herstellung bestimmter Stoffe anzuregen, wie zum Beispiel Wasserstoff oder Zellulose. Nicht zuletzt bieten die Bioreaktoren eine sichere Möglichkeit, um mit gentechnisch manipulierten Algenarten zu arbeiten, ohne dass sie freigesetzt werden
Stand: 06.11.2002