„Nun breitet das Nordlicht über das Himmelsgewölbe seinen glitzernden Silberschleier aus, der sich bald in Gelb, bald in Grün, bald in Rot verwandelt. Und nun ringelt sich eine feurige Schlange vom westlichen Horizont her zum Himmel empor, immer heller und heller werdend….Wenn jemand aus den Naturerscheinungen geheimnisvolle Bedeutungen herauslesen will, hier bietet sich ihm sicherlich Gelegenheit dazu.“ (Fridtjof Nansen: „In Nacht und Eis“)
Nordlicht, Aurora borealis, Polarlicht – die geheimnisvollen Lichterscheinungen des Nordens haben schon immer die Phantasie der Menschen beflügelt. In den Sagen und Mythen der Nordlandbewohner waren es Sendboten der Geister der Ahnen oder der im Kampf gefallenen Krieger. Im Mittelalter galt das Nordlicht als Zeichen Gottes, das zur Umkehr mahnte, und sebst in unserem Jahrhundert noch sahen viele Menschen in dem Himmelsschauspiel ein Menetekel, einen Vorboten von Unheil und Krieg.
Jenseits des 64. Breitengrads
Heute ist die mystische Aura des Polarlichts zwar verflogen, aber faszinierend und rätselhaft bleibt es dennoch. Jenseits des 64. Breitengrads, in einem schmalen, etwa 400 Kilometer breiten Streifen um die beiden magnetischen Pole der Erde, treten die Leuchterscheinungen am häufigsten auf. Bis zu 240 Nächte im Jahr können die Bewohner des sogannten „Polarlichtovals“ das Himmelsschauspiel bewundern.
Im Norden reicht diese Zone von Nordskandinavien bis nach Alaska, im Süden liegt sie fast völlig über dem Südpolarmeer, weshalb das Phänomen der „Aurora australis“, des Südlichts weit weniger bekannt ist als seine nördliche Variante „Aurora borealis“. „Aurora“– „Morgenröte“ benannte Galilei das Phänomen des Polarlichts, wahrscheinlich deshalb, weil schwache Polarlichter Ähnlichkeit mit einer Morgenröte haben, die sich mitten in der Nacht plötzlich über den Himmel erstreckt.
Bogen, Bänder und Vorhänge
Nicht nur die Beobachter früherer Zeiten haben in den vielen unterschiedlichen Ausprägungen des Nordlichts bestimmte Formen und Figuren gesehen. Auch die Wissenschaftler von heute beschreiben die „Arora“ mit solchen Begriffen – allerdings nach einem vorher festgelgten einheitlichen Klassifizierungssystem.
So überspannt der ruhige Bogen zum Beispiel den Abendhimmel in ost-westlicher Richtung und bleibt dabei bis zu zehn Minuten völlig unbeweglich stehen, Bänder zeigen sich dagegen erst um Mitternacht oder in den frühen Morgenstunden und wechseln schnell ihre Farbe, Form und Helligkeit. Der schon von Polarforscher Nansen beobachtete glitzernde Silberschleier, der mehrere hundert Kilometer hoch werden kann, wird heute als Vorhang bezeichnet.
Nadja Podbregar