Biotechnologien

Sowohl als auch?

Klonen, die öffentliche Meinung und die Zukunft

Der Medienrummel um das Klonschaf Dolly hat dafür gesorgt, dass das Klonen von Tieren, aber vor allem auch von Menschen, ein Gegenstand der öffentlichen Diskussion geworden ist. Die plakativen Schlagzeilen der Zeitungen und Magazine, die jede neue Entwicklung auf dem Gebiet der Klonforschung begleiten, zeigen nur allzu deutlich, dass diese Thematik starke Reaktionen – sowohl dafür als auch dagegen – provoziert.

Der Mediziner und Genforscher Jens Reich erklärt die Aufregung um das Thema Klonen mit tiefenpsychologischen Ursachen: „Einer der Gründe ist individueller Natur: die Sehnsucht des Menschen nach Wiedergeburt, verzerrt als Angst vor dem Wiedergänger.“ Der Gedanke eines menschlichen Klons, so Reich, verspreche zum einen Verjüngung, eine Art Unsterblichkeit mittels der DNA, zum anderen aber raube der Klon dem Menschen die Illusion seiner Einzigartigkeit, schüre Ängste von Austauschbarkeit und Ersetzbarkeit. „In dem Wunsch, eine identische Kopie von sich selbst zu schaffen, sehe ich vor allem eine Form von Narzissmus, eine bedenkliche Überbewertung der eigenen Person und die Gefahr, sich die Eigenschaften der Nachkommen wie nach einem Katalog bestellen zu wollen“, so Reich.

Fast 20 Prozent würden sich klonen lassen

Eine Umfrage des amerikanischen Time Magazine unterstreicht die zwiespältige Haltung vieler Menschen zu diesem Thema: Von 5.000 Befragten war zwar mit knapp 65 Prozent die klare Mehrheit für ein totales Verbot des Klonens von Menschen, andererseits beantworteten immerhin 18 Prozent die Frage, ob sie sich selbst klonen lassen würden, mit einem klaren Ja.

Kommt das therapeutische Klonen ins Spiel, kehrt sich die pauschale Ablehnung des menschlichen Klonens sogar um: Von 6.000 Teilnehmern einer weiteren Umfrage sprachen sich 68 Prozent dafür aus, Körperteile oder Organe zu klonen, um sie als Ersatzteile für das durch Krankheiten oder Unfälle zerstörte Original zu nutzen. Geht man von diesem Ergebnis aus, scheinen die Bestrebungen vieler Wissenschaftler, das Klonen von Menschen zu therapeutischen Zwecken freizugeben, auf eine relativ breite Unterstützung in der Öffentlichkeit bauen zu können.

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Klonen
Menschen nach Maß?

Das Dolly Prinzip
Der erste Klon aus einer adulten Zelle

Von Mäusen und Menschen
Die Honolulu-Technik und Dollys Ehrenrettung

Schöne neue Welt?
Der geklonte Mensch wird machbar

Ersatzteillager Mensch?
Therapeutisches und reproduktives Klonen

Ein neuer Einstein?
Szenarien menschlichen Klonens

Wo beginnt der Mensch?
Eine rechtliche Einordnung

Sowohl als auch?
Klonen, die öffentliche Meinung und die Zukunft

Sowohl als auch?
Klonen und die öffentliche Meinung

Chance oder Horrorvision?
Was bringt die Zukunft?

Mit einem Molch fing alles an...
Kleine Chronik des Klonens

Dossiers zum Thema

Was bringt die Zukunft?

Die einen entwerfen geradezu paradiesische Bilder vom Ende aller Krankheiten, die anderen warnen davor, „Gott spielen zu wollen“ und prognostizieren dramatische Folgen für Gesellschaft und Menschheit. Schon jetzt ist zu beobachten, dass die extremen Ansichten zum Klonen von Menschen sich langsam einander annähern. Vor allem die Haltung der Gegner jeder Art von Klonforschung mit menschlichen Zellen weicht zunehmend auf – ein Hinweis auf einen Trend der Zukunft? Vielleicht.

Offensichtlich scheint jedenfalls, dass auch das Thema Klonen von Menschen gerade dabei ist, die typischen Akzeptanzphasen zu durchlaufen, die die Forscher Sophia Kleegmann und Sherwin Kaufman schon vor 40 Jahren für die Fortpflanzungstechniken beobachtet und beschrieben haben: Entsetzte Ablehnung, Ablehnung ohne Entsetzen, tastende Neugier, Erforschung, und schließlich langsame, aber zunehmende Zustimmung.

In Wissenschaftlerkreisen, die traditionell der öffentlichen Meinung in diesem Prozess voraus sind, ist schon ein Wandel zu beobachten: Wenngleich die Mehrheit noch immer der Ansicht ist, Klonforschung am Menschen müsse prinzipiell reglementiert werden, wollen nur noch die wenigsten ein absolutes Verbot. Noch bevor die grundlegende Technik richtig etabliert und verfeinert worden ist, ist die Bereitschaft offenbar groß, menschliche Zellen und Gewebe nicht mehr per se als Tabu, sondern vielmehr als Ausgangspunkt für neue medizinische Möglichkeiten zu betrachten. Setzt sich diese Haltung durch, wird sich in nicht allzu ferner Zukunft sicher auch die Rechtsprechung daran anpassen. Das Forschen an menschlichen geklonten Embryonen könnte dann zum Forschungsalltag werden.

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