Menschen sind in der Lage ihre Stimmlage, das Tempo oder ihren Sprechrhythmus zu verändern, zu reden oder zu singen. Zu verdanken haben wir dies unserem Kehlkopf und den Stimmbändern. Doch wir sind nicht die einzigen Lebewesen, die besondere Klänge erzeugen können. Auch im Tierreich entsteht eine Vielzahl Lauten – auch abseits von Kehlkopf und Stimmbändern.
In Höhen und Tiefen begabt
Große Tiere besitzen meist längere Stimmbänder und erzeugen damit auch tiefere Rufe. David Reby von der University of Sussex und seine Kollegen entdeckten aber einen Spezialfall: Der Schrei der nordamerikanischen Wapitis (Cervus canadensis) passt nicht zu ihrer imposanten Statur. Denn sie stoßen im Gegensatz zu verwandten Tierarten nicht nur tiefe, sondern auch hohe, durchdringende Schreie bei der Partnerwahl aus.
Die Bandbreite der Frequenzen dieser schrillen Rufe reicht von hohen Tönen mit 2.000 bis 4.000 Hertz bis zu sehr viel tieferer Tönen von rund 150 Hertz – was etwa der Tonlage röhrender Hirsche entspricht. Dank ihres Gaumensegels – das bis in den Rachen hineinragt – gelingt es den Wapiti, neben dem tiefen Röhren gleichzeitig durch hohe Schreie Weibchen von fern anzulocken, wie die Forscher erklären.
Schriller geht es nicht
Noch schriller sind aber die Töne, die Heuschrecken von sich geben können: Im südamerikanischen Regenwald entdeckten die Forscher um Fernando Montealegre-Z von der britischen University of Lincoln eine neue Gattung der Laubheuschrecken, die mit ihren Flügeln die höchsten bekannten Tonfrequenzen ihrer Tierordnung erzeugen.
Die Ultraschall-Paarungslaute der Gattung liegen um ein Vielfaches höher als die anderer Heuschrecken, denn sie erreichen Tonfrequenzen von bis zu 150 Kilohertz – weit jenseits des menschlichen Hörvermögens. Die meisten anderen bisher bekannten Laubheuschrecken produzieren dagegen ein Klangspektrum von fünf bis 30 Kilohertz.
Das Geheimnis der superschrillen Heuschrecken liegt in ihren Flügeln, die sie zum Zirpen benutzen: Diese sind im Vergleich zu anderen Heuschreckenarten noch stärker verkümmert, also deutlich kleiner. Das bedeutet auch, dass sie zum Fliegen zu verkümmert sind und die Tiere deshalb lediglich springen können. Um trotzdem frühzeitig vor Fressfeinden zu fliehen, eignet sich ihr Ultraschall-Zirpen gleich doppelt: Fressfeinde wie Fledermäuse besitzen zwar ein feines Ultraschallgehör, aber die hohen Frequenzen der Heuschrecken haben eine relativ kurze Reichweite – das macht sie schwerer zu orten. Hinzu kommt, dass die Heuschrecken nicht nur ihr eigenes Zirpen, sondern auch das Ultraschall-Sonar der Fledermäuse hören – und belauschen können.
Den Rhythmus im Blut
Auch die in Australien heimischen Palmkakadus (Probosciger aterrimus) erzeugen ihre Musik fernab von Stimmbändern: Sie sind überraschend begabte Schlagzeuger, indem sie mit Stöcken und anderen Werkzeugen kunstvolle Trommelsoli produzieren, um ihre Weibchen zu beeindrucken. Sie halten dabei den Takt, entwickeln ihren individuellen Stil und verwenden viel Mühe darauf, die optimalen Klanginstrumente zu finden, wie Robert Heinsohn von der Australian National University in Canberra und seinen Kollegen berichteten.
Ihren Beobachtungen zufolge zeigten die Tiere ganz erstaunliche Musikstücke: „Die einzelnen Palmkakadus haben ihre eigenen, in sich konsistenten Trommelmuster – ganz ähnlich wie menschliche Musiker Noten und Rhythmus eines Stücks individuell interpretieren“, so die Wissenschaftler. „Möglicherweise vermitteln diese individuellen Trommelkompositionen den Artgenossen Informationen über den Trommler.“
Das Besondere dabei: Die Vögel suchen sich gezielt geeignete Trommelstöcke für ihre Schlagzeug-Soli. Meist nutzen sie einen Stock, den sie eigens vom Baum abbeißen und auf eine Länge von rund acht Zentimetern zurechtknabbern. „Dieses Verhalten ist außergewöhnlich, denn die Werkzeugnutzung bei Tieren ist selten und steht fast immer in Verbindung mit der Nahrungssuche“, sagen Heinsohn und seine Kollegen. „Die Palmkakadus jedoch verwenden ihre Werkzeuge ausschließlich zum Musikmachen.“