Mit dem Urknall fing alles an: Innerhalb von winzigen Sekundenbruchteilen entstand aus dem Nichts der Ursprung unseres gesamten Universums. Als sich dieser fast unendlich heiße und dichte „Urkeim“ ausdehnte, bildeten sich allmählich aus Energie die ersten Teilchen – sowohl der Materie wie auch der Antimaterie. Doch genau an diesem Punkt beginnt das Problem.
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Warum ist nicht alles weg?
Nach gängiger Ansicht sind unser Universum und seine Prozesse symmetrisch. Das aber bedeutet, dass beim Urknall für jedes Teilchen auch sein Antiteilchen entstanden sein muss. Am Anfang unseres Universums sollten sich daher Antimaterie und Materie genau die Waage gehalten haben. Doch genau das ist unmöglich: Hätte es gleich viele Antiteilchen wie Teilchen gegeben, hätten diese sich unweigerlich gegenseitig ausgelöscht. Damit aber wäre der frischgebackene Kosmos wieder verschwunden, bevor er sich richtig entwickeln konnte.
Da wir heute aber existieren – und mit uns Milliarden andere Planeten und Sterne – kann dieses Szenario nicht so abgelaufen sein. Die Symmetrie des Universums muss im Uranfang verletzt worden sein, sonst hätte die Materie nicht die Überhand gewinnen können. Physiker vermuten, dass es zwischen Materie und Antimaterie winzige, aber entscheidende Unterschiede im Verhalten geben muss, die zu einer leichten Asymmetrie und damit dem Erhalt der Materie geführt haben.
Kein Erfolg bei Masse und Ladung
Aber wo versteckt sich dieser Symmetriebruch? Eine Möglichkeit wären kleinste Unterschiede im Verhältnis der Masse zu Ladung. Diese könnte schon ausreichen, um der Materie den kleinen, aber so wichtigen Vorteil zu verschaffen. Doch im Sommer 2015 haben gleich zwei Experimente am CERN Ergebnisse geliefert, die diese Hypothese unwahrscheinlicher machen.
Weder bei Proton und Antiproton noch bei Deuterium oder Helium-3-Kernen und ihren Antiteilchen konnten die Physiker Abweichungen im Masse-Ladungs-Verhältnis feststellen – und das teilweise bis auf elf Nachkommastellen genau. Es bleibt damit nicht mehr viel Platz, wo sich ein Unterschied noch verstecken könnte. Doch die Physiker geben nicht auf. Sie wollen nun als nächstes das magnetische Moment der Protonen und Antiprotonen vergleichend unter die Lupe nehmen.
Ist es eine CP-Verletzung?
Noch größere Hoffnung aber setzten viele Physiker auf die zweite Laufzeit des Teilchenbeschleunigers LHC am CERN. Denn bei den energiereichen Kollisionen der Protonen und Bleikerne könnten Zerfallsreaktionen auftreten, die auf eine Verletzung der sogenannten CP-Symmetrie hindeuten. Diese besagt, dass man in jeder Reaktion ein Teilchen folgenlos durch sein Antiteilchen ersetzen kann, wenn man gleichzeitig alle Raumkoordinaten spiegelt.
Praktisch bedeutet dies, dass bei einer Kollision im Beschleuniger ein Antiproton gleich viele Zerfallsprodukte erzeugen müsste wie ein Proton – nur jeweils in der Antimaterie-Variante. Tatsächlich haben Physiker sowohl an US-Beschleunigern als auch am LHC erste Indizien für eine solche CP-Verletzung entdeckt. So entstanden nach Kollisionen von Protonen und Antiprotonen etwa ein Prozent mehr Myonen als Antimyonen und auch beim sogenannten Beta-Meson-Zerfall gab es Unregelmäßigkeiten.
Noch allerdings sind diese Daten nicht signifikant genug, hier soll, der LHC Abhilfe schaffen. Zudem muss die beobachtete Symmetrieverletzung groß genug sein, um die Dominanz der Materie über die Antimaterie erklären zu können. Auch das ist bisher aber nicht der Fall. Die Suche geht daher weiter.
Nadja Podbregar
Stand: 06.11.2015